Monticello. Ex-Außenministerin beginnt das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur in Iowa – wo sie schon einmal scheiterte

Wer vom Pferd fällt, soll bekanntlich wieder aufsteigen. Wer in Iowa den Kampf ums Weiße Haus verloren hat, soll einen neuen Anlauf am Ort seines Scheiterns starten: Das ist die Logik hinter Hillary Clintons beginnender Tour durch ihren Schicksalsstaat im mittleren Westen. „Ich bin wieder da“, verkündete sie am Dienstag amerikanischer Zeit, als sie im Osten Iowas am Kirkwood Community College im 3800-Seelen-Städtchen Monticello über Bildungspolitik und ihre eigenen politischen Ambitionen diskutierte.

Ausgerechnet Iowa! Im Januar 2008 stürzte Clinton, damals haushohe Favoritin für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten dort gewissermaßen vom Pferd. Der zuvor weitgehend unbekannte Senator Barack Obama entschied die parteiinternen Wahlen der Delegierten überraschend klar für sich. Von diesem unerwarteten Schlag erholte sich Clinton seinerzeit nicht mehr.

Jetzt soll alles anders werden. Clinton verzichtet zwar auf einen öffentlichen Auftritt – beide Auftaktveranstaltungen ihrer offiziellen Bewerbung finden hinter verschlossenen Türen statt –, wirbelt aber dennoch das kleine Monticello tüchtig auf. An der Straße zu dem einsam in die Ackerlandschaft gepflanzten College parken Autos fast einen Kilometer weit Stoßstange an Stoßstange. Dutzende „Iowans“ wollen zumindest einen Blick auf Clinton erhaschen. Unter ihnen auch Demons­tranten mit Plakaten. „Familie besteht aus Vater, Mutter, Kindern“, heißt es auf einem anderen, darunter steht: „Nein zur Homo-Ehe“.

Acht Minuten vor der angekündigten Zeit rauschen zwei schwarze Vans heran, darunter Clintons gepanzerter Chevrolet. Clintons kleiner Stab hatte den 1825 Kilometer langen Weg am Sonntagabend, wenige Stunden nach Bekanntgabe der Kandidatur, mit den beiden Autos angetreten. Das gehört zum neuen, bescheidenen Clinton-Image: Wir fliegen nicht, wir fahren durchs Land, essen zu Mittag unangemeldet in einem mexikanischen Restaurant – was schon wegen der hispanischen Wähler lohnenswert ist – und unterhalten uns mit Leuten aus dem Volk an der Tankstelle.

„Wir müssen die Wirtschaft von morgen aufbauen, nicht die von gestern“, sagt Clinton in dem Gespräch, das immerhin von örtlichen Medien per Livestream im Internet übertragen wird. Die Demokratin wirbt für die Unterstützung von Kindern mit Lernschwierigkeiten und zugleich für die Förderung jener Überflieger, die vom regulären Unterricht unterfordert sind. Sie „unterstütze voll und ganz“ eine Forderung von Präsident Obama, zwei Jahre des Studiums am kommunalen College kostenlos anzubieten (wie es die Demokraten anpreisen) beziehungsweise vom Steuerzahler berappen zu lassen (wie es die Republikaner kritisieren). Clinton will sogar noch aufsatteln: Studenten entstünden ja noch viele andere Kosten, Alleinerziehenden etwa für die Betreuung der Kinder. „Wir müssen das Studium am College erschwinglich machen für jedermann“, fordert sie.

Im Gespräch zeigt sie sich ausgeruht und kompetent. Dass Clinton sich auskennt, haben auch ihre Gegner wiederholt eingeräumt. So charismatisch wie Obama oder auch ihr Gatte Bill wirkt Hillary Clinton an diesem frühen Nachmittag in Monticello aber nicht. Dafür geht sie unvermittelt zur Systemkritik über: „Wir müssen unser zerrüttetes politisches System reparieren und nicht ausgewiesene Gelder für immer loswerden, auch wenn es dafür eines Verfassungszusatzes bedarf.“

Will Clinton im Fall ihrer Wahl die Praxis der Wahlkampfspenden reformieren? Oder will sie lediglich die Finanzmittel ihres republikanischen Gegners, wer auch immer das sein wird, unter Generalverdacht stellen? Vor allem Jeb Bush dürfte, wenn er demnächst seine Kandidatur erklärt, über massive „Kriegskassen“ verfügen.

Im Vorwahlkampf 2008 trat Clinton mitunter arrogant auf. Vor vollen Sälen landete sie Lacher auf Kosten Obamas. Die damalige Senatorin New Yorks rückte zudem die Geschlechterfrage in den Hintergrund; sie wolle nicht gewählt werden, weil sie eine Frau sei, sondern weil sie glaube, die richtige Politik zu vertreten.

Nun hat Clinton schon mehrmals auf das Signal hingewiesen, das von der Wahl einer Frau ins Weiße Haus ausgehen würde. In Monticello hält sie keine große Rede, sondern hört zu – so wie es ihr neues Image will. Sie lässt in der Diskussion vor allem die Dozenten und Studenten erzählen. Clinton lauscht und nickt und nickt und lauscht.

Mick Starcevich, der College-Präsident, ist anschließend voll des Lobes. Clinton habe gezeigt, dass Bildung für sie ein zentrales Thema ist, und sie habe sehr ernsthaft diskutiert. Auch Andrew Lorimer, einer seiner Studenten, ist angetan. Was er von Hillary Clinton halte? „Eine nette Frau!“ Wird er 2016 für Clinton votieren? „Das sind ja noch anderthalb Jahre hin“, wehrt er ab. Hillary Clinton ist wieder da – aber noch längst nicht am Ziel.