Hamburg. Hinterbliebene zweifelten am Sinn ihres eigenen Seins, sagt die Hamburger Pastorin Erneli Martens

Pastorin Erneli Martens leitet die Notfallseelsorge Hamburg und arbeitet in der Feuerwehrseelsorge. Die Expertin für Akutintervention und Psychische Erste Hilfe erklärt, was Notfallseelsorger in Krisenfällen und nach Unglücken leisten:

„Bei einem plötzlichen Todesfall“, sagt sie mit Blick auf die Flugzeugkatastrophe über den Seealpen, „verlieren die Angehörigen den Boden unter den Füßen. Sie suchen dann Halt und Sicherheit, also etwas, das ihnen hilft, das Unaussprechliche zu ertragen.“ Seelsorger können bei einem solchen tragischen Ereignis den betroffenen Hinterbliebenen Nähe geben und Perspektiven aufzeigen. „Seelsorger stehen für die Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist“, sagt die Pastorin. Wie es den Angehörigen der Unfallopfer jetzt ergeht, beschreibt die Hamburger Notfallseelsorgerin so: „Auch wenn es vielleicht verrückt klingen mag: Sie wünschen sich zuerst einmal die Verstorbenen zurück.“ Die Menschen könnten und wollten das Unglück nicht ertragen und schon gar nicht annehmen. Mehr noch: „Sie verzweifeln am Sinn ihres eigenen Seins.“

Die Aufgabe der Notfallseelsorger sei es angesichts dieser Situation, an ihrer Seite zu bleiben, zu trösten, das Chaos durch Informationen zu strukturieren, ihren Emotionen Raum zu geben. „Seelsorger“, sagt die Hamburger Expertin, „können durch ihre Ausbildung und ihre Erfahrungen den Schmerz wahrnehmen und akzeptieren. Sie sind darin geübt, die dunklen Seiten im Leben wie Angst, Schuld, Leiden und Tod nicht zu verdrängen, sondern sich ihnen zu stellen.“ Und, fügt Pastorin Martens hinzu, „ihnen manchmal ein leises oder ein lautes, mutiges ,Trotzdem‘ zu sagen.“

Die Trauerarbeit nach dem plötzlichen Verlust eines geliebten Menschen kann den Erfahrungen der Expertin zufolge oft sehr lange dauern. Es helfe, wenn sich Menschen von den geliebten Angehörigen verabschieden könnten und es ein Grab als Ort der Trauer gibt. „Es hilft auch, sich an die Struktur im Alltag zu halten, die Arbeit in kleinen Schritten wieder aufzunehmen und sich abzulenken.“