Berlin.

Für die Opfer ist es Horror. Nach Einbrüchen in die eigene Wohnung leidet fast die Hälfte der Betroffenen unter Angstgefühlen und Schlafproblemen. Bei einigen kommt es zu posttraumatischen Belastungsstörungen. Wie 2014 eine Befragung von 1300 Einbruchsopfern in fünf deutschen Städten durch das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen ergab, versucht ein Viertel der Opfer, aus der oft verwüsteten Wohnung auszuziehen. Zum ohnmächtigen Gefühl der verletzten Privatsphäre kommt der materielle Schaden: Betroffene müssen mit einem Gesamtschaden von mehr als 3000 Euro rechnen. Nicht alles ersetzen Versicherungen, oft schon deshalb, weil keine Verträge abgeschlossen wurden.

Gleichwohl wird es für die Versicherungen immer teurer: 2013 zahlten sie laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft 480 Millionen Euro Schadensersatz nach Wohnungseinbrüchen. Das waren 20 Millionen Euro mehr als im Jahr zuvor. Weil dabei die Zahl der Wohnungseinbrüche seit Jahren steigt, will Bayern für stärkere Abschreckung sorgen. Der Freistaat hat zur Bundesratssitzung an diesem Freitag einen Antrag vorgelegt, wonach es im Strafrecht nicht mehr möglich sein soll, bei solchen Einbrüchen zwischen schweren und minder schweren Fällen zu unterscheiden.

Diese Delikte hätten, so der Antrag, eine „besondere Unrechtsqualität“, bei der „die gesetzgeberische Anerkennung minder schwerer Fälle mit deutlich reduzierten Strafrahmen nicht angemessen“ sei. Bayern will erreichen, dass für alle Wohnungseinbrüche ein Mindeststrafmaß von sechs Monaten und eine Höchststrafe von zehn Jahren gelten. Bei „minder schweren“ Fällen liegt der Strafrahmen hier bisher zwischen drei Monaten und fünf Jahren. „Für die Opfer“, sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU), „ist so etwas niemals ‚minder schwer‘.“ Ein Einbruch erschüttere „das Sicherheitsgefühl der Betroffenen ganz massiv“ und führe oft zu „gravierenden psychischen und physischen Folgen“. Bausback will es zudem ermöglichen, dass die Strafverfolger auch Telekommunikationsüberwachung einsetzen können. „Wir stellen fest, dass immer mehr organisierte Strukturen am Werk sind. Wer deren Straftaten aufklären will, muss an deren Kommunikation herankommen können“, sagte Bausback.

Den Bayern ist das Thema so wichtig, dass sie es beim Treffen der Unions-Ministerpräsidenten auf die Tagesordnung haben setzen lassen. Ein Grund dafür ist, dass jene Delikte auch im Freistaat stark zugenommen haben und dessen Ruf als Musterland der Sicherheit gefährden. 2013 wurden in Bayern 6285 Einbrüche verübt, was gegenüber 2012 eine Steigerung um 11,8 Prozent war. 2014 gab es erneut einen Zuwachs um eine zweistellige Prozentzahl. Wenn Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) die neue Kriminalstatistik am 18. März vorstellt, sollen jene Delikte ein Schwerpunkt sein. Auch Baden-Württemberg verzeichnete 2014 einen Anstieg: um 19,4 Prozent gegenüber 2013.

Hamburgs Polizeipräsident begrüß Ziel, Kommunikation überwachen zu können

Gab es in Deutschland 2006 „nur“ 106.100 Wohnungseinbrüche, so waren es 2013 schon 149.500. Nur wenige Täter werden gefasst. Zwischen 2010 und 2012 wurden im Durchschnitt lediglich 15,9 Prozent der Einbruchsdelikte aufgeklärt, während die Aufklärungsquote bei der Gesamtheit aller Straftaten 54,4 Prozent betrug. Besonders betroffen sind Großstädte, wo die Polizei mit immer professioneller arbeitenden Banden zu tun hat. Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer begrüßt das Ziel, zukünftig auch die Kommunikation von Einbrechern überwachen zu können. „Das würde unseren Ansatz in Hamburg, gezielt gegen potenzielle Einbrecher vorzugehen, maßgeblich unterstützen.“ Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt die Forderung. „Wohnungseinbrüche sind ein sensibler Bereich, in dem unbedingt mehr getan werden muss. Sollte der Vorschlag umgesetzt werden, gibt uns das mehr Ermittlungsmöglichkeiten, insbesondere in der Telekommunikationsüberwachung“, sagt Gunhild Wiedemann, stellvertretende Landesvorsitzende.

Allerdings ist offen, ob Bayern Erfolg hat mit dem Versuch, den Banden mit Strafverschärfungen und Telefonüberwachung zu begegnen. Im Bundesrat wird der Antrag in die Ausschüsse überwiesen, und wie sich dort die rot-grün-rote Mehrheit der Länderkammer verhält, ist unklar. Nordrhein-Westfalen jedenfalls winkt ab. Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hält es für fraglich, „ob sich potenzielle Tätergruppen von einer Verschärfung des Strafrechts wirkungsvoll abschrecken lassen“. Wichtiger seien Prävention sowie eine bessere Sicherung der Wohnungen. Hingegen kommen positive Signale aus dem grün-rot regierten Baden-Württemberg. Wie ein Sprecher von Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sagte, hält die Landesregierung den bayerischen Vorstoß für unterstützenswert.