Uno-Menschenrechtsrat und EU kündigen Sondersitzungen an. Außenminister Westerwelle fordert ein Waffenembargo gegen Syrien.

Berlin. Als Teil von EU-Sanktionen gegen Syrien hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle auch ein Waffenembargo ins Gespräch gebracht. „Wir sind entschlossen, die Spirale der Gewalt zu stoppen“, sagte Westerwelle in Berlin. Syrien stehe nach dem brutalen Vorgehen gegen Demonstranten an einer „gefährlichen Wegscheide“ . „Die EU muss ein klares Signal senden, dass Menschenrechtsverletzungen in ihrer Nachbarschaft nicht akzeptabel sind.“

Der Sprecher der Bundesregierung hatte als denkbare EU-Sanktionen auch ein Einfrieren von Konten, die Beschränkung der Reisemöglichkeiten für Mitglieder der syrischen Führung und den Stopp von EU-Zahlungen an das Land erwähnt. Außenminister Westerwelle begrüßte, dass sich am Freitag der Uno-Menschenrechtsrat in Genf mit der Lage in Syrien beschäftigen werde. Zugleich sprach er sich dagegen aus, die Kontakte zur syrischen Regierung abzubrechen. „Wenn man eine friedliche Lösung möchte, muss mit allen Beteiligten gesprochen werden.“

Wie der britische Außenminister räumte nun auch Westerwelle ein, dass es schwierig werde, im Uno-Sicherheitsrat die Zustimmung Russlands und Chinas für eine Verurteilung Syriens zu erhalten. Zwar habe Deutschland mit den EU-Partnern eine Initiative für eine entsprechende Resolution gestartet. „Aber es ist sicherlich so, dass es bei anderen Mitgliedsländern eine größere Zurückhaltung gibt.“ Er hoffe dennoch, dass der Uno-Sicherheitsrat eine klare Haltung einnehme.

Zugleich wies Westerwelle einen Vergleich zwischen der Entwicklung in Libyen und Syrien zurück. „In jedem Land ist die Lage höchst unterschiedlich und deshalb kann es auch immer nur maßgeschneiderte politische Antworten geben.“ In Libyen seien die „Grenzen des Militärischen“ bereits sichtbar.

Das syrische Regime geht weiter mit aller Härte gegen seine Kritiker vor. Nach Angaben von Menschenrechtlern waren in der Stadt Daraa Schüsse und sporadische Explosionen zu hören. Mindestens 400 Menschen seien in der südlich von Damaskus gelegenen Hochburg der Protestbewegung festgenommen worden. Der Uno-Menschenrechtsrat kündigte wegen des gewaltsamen Vorgehens der Regierung von Präsident Baschar al-Assad für Freitag eine Sondersitzung an. Auch die EU will am Freitag über die Lage in Syrien beraten.

In mehreren Städten rollen Panzer auf

„Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagte ein Sprecher von EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton in Brüssel. Sei einmal eine Entscheidung getroffen, könne alles sehr schnell gehen, hieß es weiter. Dafür sei allerdings die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten nötig. Frankreich, Großbritannien, Italien und Deutschland forderten unterdessen die syrischen Botschafter in ihren Ländern auf, die Eskalation der Gewalt in Syrien zu verurteilen.

Der britische Außenminister William Hague sagte, es sei für Assad noch nicht zu spät, demokratische Reformen einzuleiten und damit internationale Sanktionen oder andere Maßnahmen zu verhindern. Voraussetzung seien unabhängige Ermittlungen zu den Gewaltakten der vergangenen Wochen. Umfassende diplomatische Bemühungen seien im Gange, um das syrische Regime zu einem solchen Weg zu überreden, sagte Hague.

Außer in der Stadt Daraa verstärkten die syrischen Regierungstruppen Menschenrechtlern und Augenzeugen zufolge auch in Duma und Banias ihre Präsenz mit Panzern. Sowohl in Duma, einem Vorort der Hauptstadt Damaskus, wie auch in der Küstenstadt Banias war es in den vergangenen Wochen zu großen Demonstrationen gegen das Regime von Präsident Assad gekommen.

In Duma gingen Agenten mit Listen gesuchter Personen von Haus zu Haus und führten Razzien durch, sagte ein Bewohner. Würden sie die gesuchte Person nicht vorfinden, würden die Agenten deren Verwandte in Gewahrsam nehmen. Nach Auskunft des Bewohners waren für heute zwei Beerdigungen von Opfern der Gewalt der Regierungstruppen geplant. In Banias fuhren einem Augenzeugen zufolge an einer in die Stadt führenden Schnellstraße Panzer und Mannschaftstransporter auf.

Opposition gibt sich siegesgewiss

Syrische Oppositionelle sind überzeugt davon, mit ihrer von breiten Schichten der Bevölkerung getragenen Revolution das Regime in Damaskus zu Fall bringen zu können. Es sei denn, Präsident Assad leite den Übergang zur Demokratie ein, hieß es in einer Stellungnahme einer Dachorganisation von syrischen Oppositionellen im In- und Ausland.

Ein demokratischer Übergang werde das Land davor schützen, in eine Phase der Gewalt, des Chaos und des Bürgerkriegs zu stürzen, teilte die Gruppe mit, die auch als Nationale Initiative für den Wandel bekannt ist. „Wenn der syrische Präsident nicht als Führer in dieser Phase des Übergangs in die Geschichte eingehen will, bleibt den Syrern keine Alternative, als weiterhin jenen Pfad fortzuschreiten, den vor ihnen die Tunesier, Ägypter und die Libyer gegangen sind“, hieß es in der Stellungnahme weiter.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte bereits am Dienstag den Einsatz von Panzern und scharfer Munition gegen friedliche Demonstranten in Syrien. Die syrischen Behörden seien verpflichtet, Zivilisten zu schützen und die Menschenrechte zu respektieren, sagte Ban nach einem Treffen mit dem UN-Sicherheitsrat. Er sei nach wie vor der Ansicht, dass nur ein „alle Seiten einschließender Dialog und echte Reform auf die berechtigten Bestrebungen des syrischen Volkes eingehen und Frieden und gesellschaftliche Ordnung wiederherstellen können“. Seit Mitte März sind bei dem gewaltsamen Vorgehen der Regierung gegen Demonstranten nach Angaben von Menschenrechtlern bis zu 450 Zivilisten und 50 Soldaten ums Leben gekommen. Allein am vergangenen Wochenende seien 120 Menschen getötet worden. (dapd/reuters)