Ministerin Aigner: Für die IT-Branche ist Datenschutz eine Schicksalsfrage. Datenschützer Schaar will Facebook und Web-Browser sicherer machen.

Hamburg/Berlin. Einen Tag vor dem nationalen IT-Gipfel in Dresden haben Daten- und Verbraucherschützer mehr Rechte für Bürger im Internet gefordert. Dazu legten der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), einen Fünf-Punkte-Katalog vor. Zu den Forderungen gehören ein verbrieftes Widerspruchsrecht gegen die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet sowie das Verbot, persönliche Daten ohne Einwilligung zu erheben, zu verknüpfen und zu verbreiten.

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hat an die deutsche Internetwirtschaft appelliert, Innovationsführer beim Datenschutz zu werden. Dem Hamburger Abendblatt (Dienstag-Ausgabe) sagte Aigner: „Unternehmen können sich Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem sie hohe Standards setzen und Verbraucherdaten optimal schützen.“ Die Ministerin betonte: „Der deutsche Markt hat weltweit Signalfunktion, der deutsche Markt setzt Maßstäbe. Wie beim Umweltschutz erweisen sich auch Technologien zum Datenschutz als Exportschlager.“

Aigner warnte die IT-Wirtschaft eindringlich davor, das Thema Datenschutz zu vernachlässigen. „Für die IT-Branche ist Datenschutz eine Schicksalsfrage.“ Was seien Innovationen wert ohne das Vertrauen der Verbraucher, so Aigner. „Allein die Nutzer entscheiden, ob ein Angebot Erfolg hat oder nicht. Sie greifen zu oder wenden sich ab – das ist im World Wide Web nicht anders als auf dem Wochenmarkt.“ Langfristig Erfolg werde im Internet nur haben, wer die Interessen der Nutzer respektiere und ihre persönlichen Daten schütze. Nur wenn Internet-Anbieter selbst ihre Standards immer wieder kritisch überprüften, könnten Sicherheitslücken frühzeitig erkannt und geschlossen werden, sagte die Verbraucherministerin. Sie forderte: „Die seriösen Unternehmen müssen sich klar von schwarzen Schafen distanzieren, um Abzockern und Betrügern das Handwerk zu legen.“

Als ersten guten Schritt für mehr Verbraucherschutz bezeichneten Schaar und Billen den Anfang Dezember von der Internetwirtschaft vorgelegten Datenschutz-Kodex. Die Selbstverpflichtung stellt eine zentrale Anlaufstelle in Aussicht, um Widersprüche unbürokratisch regeln zu können. Billen sagte: „Problematisch ist aber, dass man den Widerspruch individuell für jedes beteiligte Unternehmen einreichen muss.“ Da könne einiges an Aufwand zusammenkommen. Den zeitgleich von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vorgelegten Gesetzentwurf kritisierten Schaar und Billen als „deutlich zu kurz gesprungen“. Positiv sei, dass eine rechtliche Klarstellung im Umgang mit Persönlichkeitsrechten erfolgen solle.

Von zentraler Bedeutung sei, dass die wesentlichen Verbraucher- und Datenschutzrechte ins Gesetz geschrieben werden. Freiwillige Selbstverpflichtungen seien grundsätzlich zu begrüßen, müssten aber mit Kontrollen und Sanktionen bei Nichteinhaltung begleitet werden. Safe Harbour, das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA über die Einhaltung des Datenschutzes, müsse verbessert und effektiv durchgesetzt werden. Internetdienste, die unter dieses Abkommen fallen, müssten sich an europäisches beziehungsweise nationales Recht halten und dies auch gegenüber Nutzern kenntlich machen.

Bei der Entwicklung neuer Technologien müssten die Erfordernisse des Datenschutzes frühzeitig berücksichtigt werden. Zudem sollten die Voreinstellungen von sozialen Netzwerken wie Facebook oder bei Browsern standardmäßig ein hohes Datenschutz- und Verbraucherschutzniveau aufweisen. Darüber hinaus müssten Informationen über eingesetzten Techniken der Datenerhebung und -verarbeitung angemessen, verständlich und leicht abrufbar sein.