FDP-Chef Westerwelle sorgt mit seiner Hartz-IV-Kritik weiter für Zwist. Seine Kritiker fordert er auf, sich im Bundestag einer Generaldebatte zu stellen.

Ein „sozialpolitischer Brandstifter" sei Guido Westerwelle, wetterte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Einen „Esel“ schimpfte ihn der ehemalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler. Und Grünen-Fraktionschefin Renate Künast erklärte ihn zum „Polit-Rowdy“. Quer durch alle Parteien hagelt es zurzeit Kritik für den FDP-Chef und seine Äußerungen zu Hartz IV. Dieser will sich dies nicht länger bieten lassen und verlangt nun im Streit über die Neuregelung der Hartz-IV-Leistungen eine Generaldebatte im Bundestag. „Ich fordere meine Kritiker auf, sich im Bundestag einer Generaldebatte zur sozialen Gerechtigkeit zu stellen“, sagte er der „Bild“-Zeitung. „Diese Kritiker versuchen mit ihren Beleidigungen doch nur zu verbergen, dass es ihnen an Wahrheit und Argumenten fehlt“, bemängelte der Vize-Kanzler. Am Wochenende hatten sich mehrere Unionspolitiker wie zuvor auch Kanzlerin Angela Merkel von Westerwelles Wortwahl distanziert . Er selbst hatte seinen Vorwurf bekräftigt, die Sozialstaatsdebatte in Deutschland sei „sozialistisch“ geprägt.

Führungsdebatte in der FDP voll entbrannt

„Jeder hat seinen eigenen Stil“, legte Westerwelle nun nach. „Ich will gestalten, und deswegen will ich unserem Volk auch die Wahrheit sagen. Das Herumreden um den heißen Brei führt doch nur zu noch mehr Politikverdrossenheit.“ 45 Prozent des Bundeshaushalts würden mittlerweile für den Sozialstaat ausgegeben, rechnete Westerwelle vor. Zusammen mit den Zinsen für die Schulden seien es sogar 60 Prozent. „Wenn das so weitergeht, wird durch diese Umverteilungspolitik der ganz normale Steuerzahler zum Sozialfall.“ Es dürfe nicht zugelassen werden, dass der, der arbeitet, immer mehr der Dumme sei.

Hintergrund der neu entbrannten Debatte um Hartz IV ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Es hatte in der vergangenen Woche die Regelsätze wegen einer willkürlichen Berechnung für verfassungswidrig erklärt und eine sofortige Neuregelung insbesondere für Kinder. Nach dem Urteil stellt sich nun die Frage, wie Hartz IV künftig gestaltet werden soll.

Unterstützung für seine Kritik an der Hartz-IV-Debatte bekam Westerwelle von seinem Parteifreund, dem hessischen FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn. Er forderte Kanzlerin Angela Merkel in der „Frankfurter Rundschau“ auf, ihren Stellvertreter „vor unmöglichen Beschimpfungen aus der Union“ in Schutz zu nehmen. Ähnlich äußerte sich der bayerische FDP-Vorsitzende Martin Zeil. Merkel müsse angesichts des Streites über Steuersenkungen oder Gesundheitsreform „endlich Führung beweisen und ihrem Laden sagen, wo es lang geht“, forderte Zeil in der „Financial Times Deutschland“. Stattdessen ergehe sich die Kanzlerin in „machttaktischen Spielchen“ und gehe auf die Grünen zu.

Auch die koalitionsinterne Kritik an Westerwelle reißt nicht ab. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warf dem Außenminister Politik für einzelne Interessengruppen vor. „Als Bundesminister muss man sich immer bewusst sein, dass man alle Deutschen vertritt“, sagte Dobrindt der „Passauer Neuen Presse“. Fordern und Fördern gehörten zwar immer zusammen. Doch zähle Solidarität zu den Grundpfeilern der sozialen Marktwirtschaft. „Das ist in keinster Weise sozialistisch“, sagte Dobrindt und wies damit die Aussage Westerwelles zurück, wonach die Debatte über die Höhe der Hartz-IV-Leistungen „sozialistische Züge“ trage.