Das erste Gespräch zwischen den Finanzministern Deutschlands und Griechenlands verlief erfolglos. Unterdessen berichten Medien, dass die EZB Griechenland Notfallkredite in Milliardenhöhe genehmigt hat.

Berlin. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat einem Zeitungsbericht zufolge die Obergrenze für Notfallkredite der griechischen Notenbank auf bis zu 60 Milliarden Euro angehoben. Das berichtete die Zeitung „Die Welt“ am Donnerstag unter Berufung auf Notenbankkreise. Die EZB lehnte eine Stellungnahme ab. Sie hatte den Zugang griechischer Banken zu frischem Zentralbankgeld erschwert, indem sie am Mittwoch überraschend Sonderregelungen für den Einsatz griechischer Staatsanleihen als Sicherheiten aufhob.

Als Folge wird die Athener Notenbank ihre Geldhäuser möglicherweise bald verstärkt mit Milliarden an Notfall-Liquiditätshilfen (ELA) unter die Arme greifen. Der EZB-Rat kann Höchstgrenzen dieser Geldspritzen festlegen.

Schäuble und Varoufakis vor allem über Differenzen einig

Unterdessen traf sich Wolfgang Schäuble mit seinem griechischen Amtskollegen Gianis Varoufakis. Das Thema: Schuldenkrise. Doch in dem Gespräch, das doppelt so lange dauerte als geplant, kamen sich die beiden keinen Schritt näher. „Wir sind uns einig, dass wir uns nicht einig sind“, sagte Schäuble nach dem fast zweistündigen Gespräch.

Varoufakis sagte, man sei sich noch nicht einmal über die Differenzen einig. Trotzdem schlug er gegenüber dem Sparkurs von Kanzlerin Angela Merkel und Schäuble (beide CDU) deutlich sanftere Töne an als bisher von der neuen Regierung in Athen gewohnt. „Wir brauchen Deutschland an unserer Seite“, sagte der Politiker des Linksbündnisses Syriza.

Varoufakis ist erst seit vergangener Woche Finanzminister einer Links-Rechts-Regierung unter Führung von Ministerpräsident Alexis Tsipras (Syriza). Bei einer Europa-Reise wirbt er derzeit für den neuen Kurs seiner Regierung, der mit der bisherigen Sparpolitik bricht. Griechenland hat rund 320 Milliarden Euro Schulden.

Schäuble forderte Varoufakis auf, von Griechenland eingegangene Vereinbarungen einzuhalten. „Verlässlichkeit ist die Voraussetzung von Vertrauen“, sagte der CDU-Politiker. In diesem Zusammenhang verlangte er von Varoufakis auch, die Verhandlungen mit der sogenannten Troika der Spar-Kontrolleure aus Internationalem Währungsfonds (IWF), Europäischer Zentralbank (EZB) und EU-Kommission wieder aufzunehmen.

Schäuble: Griechenland selbst für Schuldenkrise verantwortlich

Der Bundesfinanzminister betonte, dass Griechenland weitgehend selbst für seine Schuldenkrise verantwortlich sei. Schäuble empfahl der neuen Regierung, die Steuerbasis zu verbreitern, indem die Reichen stärker herangezogen werden. Dafür bot er erneut Hilfe an – diese sei in den vergangenen Jahren jedoch nicht in Anspruch genommen worden.

Gleichzeitig trat Schäuble Befürchtungen entgegen, Deutschland wolle die EU dominieren. Es gehe nicht darum, ein deutsches Europa zu schaffen. „Das ist Unsinn.“ Er betonte, auch in der Krise wolle man Griechenland „den Respekt niemals versagen“. Das Land gehöre zum Euro, „aber was wir jetzt tun müssen, darin stimmen wir nicht so recht überein“.

Varoufakis sagte, die Partner in der Europäischen Union könnten von Griechenland „ein Höchstmaß an Vernunft“ und ein „standhaftes Engagement ohne taktische Manöver“ erwarten. Das umfasse auch die Bereitschaft zu effektiven Wirtschaftsreformen. Europa müsse ein Gleichgewicht finden zwischen Kontinuität und Einhaltung der Regeln, aber auch Weiterentwicklung der Regeln.

Deutschland sei mit seiner Geschichte „das Land, das uns am besten von allen verstehen kann“, weil es die Auswirkungen von Demütigung und Hoffnungslosigkeit kenne, sagte Varoufakis. Er sprach erneut von der Möglichkeit einer Umschuldung für sein Land – statt des zunächst geforderten Schuldenschnitts für Athen. Schäuble betonte, er sei sich mit dem griechischen Finanzminister einig gewesen, „dass das Thema Schuldenschnitt nicht von aktueller Bedeutung“ sei.

Gabriel pocht auf neues Hilfsprogramm für Griechenland

Griechenland will nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit den europäischen Partnern über ein neues Hilfsprogramm sprechen. Laut Finanzminister Gianis Varoufakis gehe es nicht darum, kein Programm mehr zu haben, sagte Gabriel am Donnerstag nach einem Treffen mit dem griechischen Politiker. Vielmehr müsse bis zum 28. Februar eine kurz- oder mittelfristige Vereinbarung stehen. Keiner wisse aber, ob man sich einigen könne. „Aber ein Programm muss es geben.“

Gabriel betonte, bei allem Willen zur Hilfe dürfe Griechenland seine Probleme nicht zulasten seiner Partner abwälzen. Varoufakis machte bei dem gemeinsamen Auftritt deutlich, dass Griechenland „nicht in einem Geiste des Konflikts“ seine europäischen Partner angehe. Es gehe um einen Neustart der Anti-Krisen-Politik.

Schulz warnt Griechenland vor Staatspleite

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hat die neue griechische Regierung vor einer Staatspleite gewarnt. Wenn Griechenland „einseitig“ die Verträge aufkündige, sei auch die andere Seite nicht mehr verpflichtet, sie einzuhalten, sagte er dem „Handelsblatt“ vom Donnerstag. Dann fließe auch kein Geld mehr nach Athen und der Staat könne sich nicht finanzieren. Der neue griechische Regierungschef Alexis Tsipras habe „keine Wahl“, sagte Schulz. Er müsse die gegenüber den europäischen Partnern eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Nur so seien auch Zugeständnisse an Athen möglich.

Die EU könne dann etwa dafür sorgen, dass wohlhabende Griechen ihr im Ausland geparktes Vermögen zu Hause versteuern müssen, sagte Schulz. „Wenn Tsipras darum bittet, wird man Mittel und Wege finden, um dem Fiskus den Zugriff auf Vermögen im EU-Ausland zu ermöglichen.“ Das gelte auch für Konten in Ländern, mit denen die EU Steuerabkommen geschlossen habe.