Eigentlich sollte eine mutmaßliche Unterstützerin des NSU-Trios aus Chemnitz über Szene-Interna berichten. Aber ihre Befragung ufert aus – zum einen, weil sie nur unwillig antwortet, zum anderen, weil die Prozessparteien sich immer wieder streiten.

München/Chemnitz. Die Vernehmung einer mutmaßlichen Unterstützerin des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ ist am Mittwoch im NSU-Prozess immer wieder in Streit ausgeartet. Die Verteidiger der Hauptangeklagten Beate Zschäpe und des wegen Beihilfe angeklagten Ralf Wohlleben griffen mehrmals den Vorsitzenden Richter Manfred Götzl an und warfen ihm vor, er lasse das Verfahren ausufern. Die Zeugin aus Chemnitz wiederum beantwortete viele Fragen nur knapp und zögerlich.

Das Gericht hatte sie geladen, um die Unterstützer-Szene in Chemnitz während der Entstehung des NSU zu beleuchten. Das Trio Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatte sich nach seinem Verschwinden aus Jena 1998 zunächst in Chemnitz versteckt. Untergekommen waren die drei bei Mitgliedern der Organisation „Blood & Honour“, die das selber an früheren Verhandlungstagen bereits eingeräumt hatten.

Die Zeugin hatte sich als Mitgründerin der Chemnitzer „Blood & Honour“-Sektion bezeichnet. Zwei Jahre später begann die Serie der zehn Morde, für die Zschäpe und vier ihrer mutmaßlichen Helfer angeklagt sind. „Blood & Honour“ wurde ursprünglich in England von dem Musiker und Neonazi Ian Stuart aufgebaut.

Viel konnte oder wollte die Zeugin allerdings nicht sagen. Als der Richter wissen wollte, ob der von ihr als Idol bezeichnete Stuart eine feste Band gehabt habe, antwortete sie zunächst: „weiß nicht“. Erst auf mehrfache Nachfrage fiel ihr der Name der Band – „Skrewdriver“ – wieder ein.

Rechtsanwalt: Nebenklage missbraucht Prozess als „Ermittlungsbühne“


Auch über die Inhalte der Musiktexte und die Ziele der „Blood & Honour“-Bewegung wollte sie nichts mehr wissen. Zuerst wies sie auf ihre schlechten Englisch-Kenntnisse hin. Dann sprach sie allgemein von „Zusammenhalt“. Schließlich präzisierte sie, es sei um die „weiße Rasse“ gegangen. Auf die Frage eines Nebenklägers erklärte sie, „ich wollte meine Kinder unter ihresgleichen wissen“, also „unter weißen Kindern“.

Die Vernehmung der Frau war eigentlich nur für den Vormittag geplant, zog sich dann aber mit zahlreichen Unterbrechungen bis zum Abend hin. Die Verteidiger Zschäpes und Wohllebens warfen einigen Nebenklägern vor, abzuschweifen und Fragen zu stellen, die mit der Schuld der Angeklagten und den angeklagten Verbrechen nichts zu tun haben.

Rechtsanwalt Wolfgang Stahl sagte, die Nebenklage missbrauche den Prozess als „Ermittlungsbühne“. Er ärgere sich darüber, dass der Senat das zulasse. Ähnlich äußerte sich Wohlleben-Verteidiger Olaf Klemke. Wegen der seit drei Jahren dauernden Untersuchungshaft sei das Gericht verpflichtet, das Verfahren zu beschleunigen.

Der Vorsitzende Richter Götzl hatte am Mittwoch wie auch an früheren Prozesstagen die meisten Beanstandungen gegen Fragen der Nebenkläger zurückgewiesen und diese zugelassen. Die Nebenkläger verteidigten ihre Fragen. Es gehöre zur gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärung der NSU-Morde, die Einbindung der mutmaßlichen Terroristen in die rechtsextreme Szene zu untersuchen, argumentierten sie.