Hans-Jürgen Papier fürchtet, dass durch Volksentscheide auf Bundesebene die Gefahr von Populismus steigt.

Hamburg. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat vor der Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene gewarnt.

Referenden hätten vielfach „vereinfachende Fragestellungen“ zum Gegenstand und könnten „von populistischen Erwägungen geleitet sein“, sagte Papier dem Hamburger Abendblatt (Silvester-Ausgabe). „So schematisch und populistisch sollte etwa über Reformen der Sozialsysteme oder des Steuerrechts nicht entschieden werden.“ Den Volksentscheid in der Schweiz über den Bau von Minaretten wollte der Jurist nicht näher kommentieren.

Auf kommunaler Ebene gebe es allerdings viele Themen, bei denen sich Bürgerentscheide bewährt hätten, sagte Papier weiter. So sei das Interesse der Bürger an Schulthemen immer hoch gewesen.

Papier sprach sich ferner dafür aus, Nachhaltigkeit als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Das könnte „zu einem Bewusstseinswandel in Deutschland beitragen“, sagte der Verfassungsrichter. „Generationsübergreifende Gerechtigkeit ist von entscheidender Bedeutung – in der Sozialpolitik, der Finanz- und Haushaltspolitik wie in der Klimapolitik.“

Der Präsident verwies auf einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf, der in der vergangenen Wahlperiode in den Bundestag eingebracht wurde, unter anderem von den Abgeordneten Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Kristina Köhler (CDU). Er sollte lauten: „Der Staat hat in seinem Handeln das Prinzip der Nachhaltigkeit zu beachten und die Interessen künftiger Generationen zu schützen.“ Der Präsident nannte den Entwurf „sehr interessant“ und regte an, ihn doch noch in das Grundgesetz aufzunehmen.

Die Politik müsse sich stärker an den langfristigen Interessen der Gesellschaft orientieren, forderte Papier. „Fragen der generationsübergreifenden Gerechtigkeit, der Nachhaltigkeit allgemein, werden nicht selten von den Interessen der gegenwärtigen Generation der Wähler verdrängt, was sich im Handeln der politischen Parteien niederschlägt.“