Provoziert Putin mit der Grenzüberschreitung der Lastwagen den Westen? CSU-Politiker Gauweiler kritisiert in Moskau die Bundesregierung.

Moskau/Kiew. Ist das eine neue Provokation von Russlands Präsident Wladimir Putin? Inmitten der Waffenruhe in der Ostukraine ist ein zweiter russischer Hilfskonvoi in das Konfliktgebiet gefahren. Die ersten Lastwagen seien in der Separatistenhochburg Lugansk eingetroffen, berichteten russische Medien am Sonnabend.

Eine Kolonne von rund 200 Fahrzeugen hatte in der Nacht nach Angaben des russischen Zolls bei der russischen Ortschaft Donezk die Grenze passiert. Zur Ladung gehören demnach Medikamente, Lebensmittel und Stromgeneratoren – alles in allem rund 2000 Tonnen Hilfsgüter. Eine Stellungnahme aus Kiew lag zunächst nicht vor.

Bewohner von Lugansk begrüßten die mit russischen Fahnen geschmückten Fahrzeuge und manche weinten vor Freude, wie die Agentur Itar Tass meldete. „Damit hat Russland zum zweiten Mal die Verantwortung auf sich genommen“, kommentierte das Staatsfernsehen in Moskau.

Ein erster russischer Konvoi mit mehr als 250 Lastwagen war am 22. August unter Protest Kiews ohne Erlaubnis der ukrainischen Behörden über die Grenze gefahren. Die russische Regierung hatte nach Beginn der Waffenruhe zwischen ukrainischem Militär und prorussischen Separatisten vor einer Woche weitere Hilfslieferungen für das Konfliktgebiet angekündigt.

Unklar war ukrainischen Medien zufolge, ob diesmal auch Beamte der Ukraine und Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an der Abfertigung der Lastwagen beteiligt waren. Das Internationale Rote Kreuz begleitete den Konvoi nach eigenen Angaben nicht.

Die EU war Moskau am Freitag überraschend entgegengekommen: Die Umsetzung des von Russland scharf kritisierten Freihandelsabkommens zwischen Brüssel und Kiew wurde auf Ende nächsten Jahres verschoben, wie EU-Handelskommissar Karel de Gucht nach Gesprächen mit ukrainischen und russischen Ministern mitteilte. Die Zeit soll für Verhandlungen genutzt werden, um den russischen Einwänden gegen das Abkommen zu begegnen. Russland befürchtet durch den Zustrom von EU-Gütern über die Ukraine negative Auswirkungen auf seine Wirtschaft.

Sanktionen treffen Konzerne Gazprom und Rosneft

Am Freitag trat ein weiteres Sanktionspaket der EU in Kraft. Den russischen Konzernen Rosneft, Transneft und Gazprom sowie mehreren Rüstungsunternehmen und Banken wird die Kreditaufnahme in der EU erschwert. Betroffen sind auch 24 Einzelpersonen, die mit Einreiseverboten und Kontensperren belegt wurden. Auch die USA verschärften ihre Strafmaßnahmen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der EU vor, sie habe sich offenbar bewusst entschieden, den Friedensprozess in der Ukraine „zu schädigen“. Die Sanktionen seien erlassen worden, während sich die Verhandlungen über ein Ende des Konflikts stabilisierten.

Goethe-Institut in Moskau lud Rapper Cro aus

Derweil hat der umstrittene CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler (65) bei der Eröffnung des Jahres der deutschen Sprache und Literatur in Moskau die Russland-Politik der Bundesregierung kritisiert. „Die Sanktionspolitik ist eine feige Politik, die in die falsche Richtung geht“, sagte der Politiker am Freitagabend in Moskau. Die Erfahrungen im Iran und im Irak hätten gezeigt, dass solche Strafmaßnahmen nicht wirkten.

In der Residenz des deutschen Botschafters Rüdiger Freiherr von Fritsch verteidigten Kulturschaffende, dass ungeachtet des Ukraine-Konflikts das Kulturjahr mit 200 Veranstaltungen in fast 30 russischen Städten über die Bühne gehe. Polen etwa hatte ein solches Jahr angesichts von Russlands Kurs im Ukraine-Konflikt abgesagt.

„Wir müssen die Kommunikationskanäle offenhalten“, sagte der Generalsekretär des Goethe-Instituts, Johannes Ebert. Umstritten war in Moskau allerdings die Ausladung des deutschen Rappers Cro, auf den sich Tausende russische Jugendliche gefreut hatten. Das Goethe-Institut begründete die Entscheidung mit der politischen Situation, in der Deutschland mit Rücksicht auf die Lage in der Ukraine lieber keine Partys in Russland organisiere.