Der Bürgermeister geht – der Problem-BER bleibt. Klaus Wowereit geht als der Unvollendete in Berlins Geschichte ein. Er enthüllt jetzt: „Ich wollte schon früher zurücktreten.“

Berlin/Hamburg. Nun will er doch endlich seinen Posten räumen: Klaus Wowereit (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin und Zeit seiner Karriere in die Bundespolitik unvermittelbar, tritt nach mehr als 13 Jahren im Amt zum 11. Dezember dieses Jahres ab.

Wowereit, 60, betonte: „Ich gehe freiwillig.“ Doch wer seine Bilanz anschaut, sieht einen Politiker, der mit Verve und unkonventionell viele Projekte anstieß, Berlin zu einer Partystadt und echten Welt-Metropole mitgestaltete – der aber auch politische Affären, Koalitionsstreit, Planungschaos und einen Bauskandal mitverantwortet, der die deutsche Hauptstadt zum Gespött der Welt gemacht hat: den Flughafen BER, ein Milliardengrab. Jetzt wird Wowereit auch den Aufsichtsratsvorsitz am Flughafen abgeben.

Eine der größten Niederlagen seiner politischen Karriere sei die nicht zeitgerechte Eröffnung des Hauptstadtflughafens, sagte Wowereit. „Dies ist eine herbe Niederlage gewesen und das ist sie bis heute.“ Er wünsche dem Projekt eine baldige Fertigstellung und faire Betrachtung in der Öffentlichkeit.

Was Wowereits Abgang für eine anstehende Entscheidung über eine deutsche Olympiabewerbung und die Konkurrenz mit Hamburg betrifft, muss man abwarten. Wowereit prägte den Spruch, Berlin sei arm, aber sexy. Damit war die Verschuldung der Stadt gemeint, die sich dennoch zu einem Touristenmagneten und zu einer Kreativmetropole entwickelt hat – dank der Unterstützung aus der Bundespolitik.

Wowereit sagte nun, die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. Aber die Diskussion in der SPD um seine Person habe der Regierungsarbeit geschadet. Er wolle aus der aktiven Politik aussteigen. Wowereit geht davon aus, dass sein Nachfolger aus der Berliner SPD kommen wird. „Importe“ aus anderen Bundesländern seien zuletzt nicht so erfolgreich gewesen. Zudem habe die SPD bundesweit nicht so viel Personal, das für diesen Posten infrage komme. „Insofern glaube ich, dass das diesmal eher nicht die Alternative ist.“

Über den Kandidaten für die Nachfolge von Wowereit werden die Berliner SPD-Mitglieder direkt entscheiden. Nach einem Beschluss des Landesvorstands werde es einen Mitgliederentscheid über zwei Personalvorschläge geben, kündigte der stellvertretende Landesvorsitzende Fritz Felgentreu am Dienstag an.

Der Berliner SPD-Fraktionschef Raed Saleh kündigte bereits an, Wowereits Nachfolger werden zu wollen. „Ich möchte Regierender Bürgermeister Berlins werden“, sagte Saleh am Dienstag im Abgeordnetenhaus. „Ich kenne die Licht- und ich kenne die Schattenseiten aus meiner Biografie“, sagte der 37 Jahre alte Saleh. „Und deshalb bin ich bereit, Verantwortung zu tragen für meine Heimat Berlin.“ Er werde „zeitnah“ eine Sondersitzung der Fraktion einberufen, zu der gemäß der Statuten auch der SPD-Landesvorstand geladen werde, sagte Saleh.

Jan Stöß, SPD-Landesvorsitzender, kündigte ebenfalls bereits an, Nachfolger von Wowereit werden zu wollen. Damit ist zwischen ihm und Saleh ein offener Machtkampf entbrannt.

Wowereit wollte eigentlich schon eher zurücktreten, doch dann kam doch alles anderes: „Ich wollte es sogar schon im Juli machen, aber da sind wir Weltmeister geworden.“

Wowereit war im Juni 2001 zum ersten Mal zum Regierenden Bürgermeister gewählt worden. Zwei Wahlperioden führte er ein Bündnis mit der Linken. Seit der Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2011 wird Berlin von einer Koalition aus SPD und CDU regiert.

Am 1. Oktober 1953 wurde Wowereit als außerehelicher Sohn einer Putzfrau geboren und wuchs vaterlos mit vier Geschwistern in Lichtenrade am West-Berliner Stadtrand auf. 1972 trat er in die SPD ein, Willy Brandt nannte er als Leitfigur. Wowereit war der erste schwule deutsche Spitzenpolitiker, der sich öffentlich geoutet hat: “Ich bin schwul – und das ist auch gut so“, war seine damalige Aussage.