Wenige Frauen sind so oft porträtiert worden wie die deutsche Kanzlerin. Angela Merkel hat ein spezielles Verhältnis zu Fotografen. Wir gratulieren zu ihrem 60. Geburtstag mit einem besonderen Album.

Hamburg. Der Box-Manager Jean-Marcel Nartz hat den Satz geprägt: „Es gibt Menschen – und es gibt Fotografen.“ Hinter dieser offensichtlichen Verachtung für einen ganzen Berufsstand steckt die in langen Jahren gewachsene Einsicht, dass Bildberichterstatter Prominente immer schlecht aussehen lassen können. Und dass Nartz, der im Laufe seiner großen Karriere unter anderem Henry Maske, Axel Schulz, die Klitschko-Brüder und Regina Halmich eng betreute, da so seine Erfahrungen gemacht hat.

Angela Merkel scheint Nartz‘ Schwester im Geiste zu sein. Auch die Bundeskanzlerin hat offenbar nicht viel übrig für Fotografen. Sie weiß, dass viele auf einen Moment lauern, in dem ihr die Gesichtszüge entgleiten, in dem sie den Finger hebt, mit den Augen rollt, etwas isst, mal grinst oder hämisch dreinblickt, sich nach einer Verletzung auf Krücken ins Amt schleppen muss.

Einmal ließ Merkel für längere Zeit eine Fotografin an sich heran, die auch das offizielle Bild machen durfte, nachdem sie 2005 zum ersten Mal ins Amt gewählt wurde: Laurence Chaperon. Seitdem sind Hunderttausende Bilder von Merkel bei offiziellen Anlässen gemacht worden, bei Interviews, bei Ankünften und Abfahrten, die klassischen Motive, die sich – siehe Operneröffnung in Oslo mit Dekolleté – zu Bild-Ikonen oder zu Debatten entwickeln konnten.

Wie Spitzenfrauen in den Medien dargestellt werden, ist spätestens seit dem Amtsantritt der ersten deutschen Bundeskanzlerin auch ein wissenschaftliches Thema hierzulande.

Aber Merkel, das sollte man sich zum 60. Geburtstag an diesem Donnerstag vergegenwärtigen, spielt auch mit den Fotografen. So streckte sie zum Familienfoto beim Gipfel 2012 in Chicago hinter Afghanistans Präsident Hamid Karsai den Fotografen spielerisch die Zunge heraus. Meist laufen die Minuten vor dem offiziellen Foto eines Gipfels auch sehr launig ab, bis alle ihre Position gefunden haben. Merkel nutzte diese Pause für Zungenakrobatik.

Ihr Pech: Die Aktion der im privaten Kreis sehr humorvollen Kanzlerin wurde von einem Fotografen festgehalten. Im Bild zu sehen in der Bildergalerie des Hamburger Abendblatts.

Die mehrfach zur mächtigsten Frau der Welt gewählte und vielerorts als solche akzeptierte Merkel kann mit 60 Jahren auf eine politische Karriere zurückblicken, die quasi mit dem Mauerfall begann. Man muss nicht die Klischees von (Helmut) Kohls Mädchen bemühen, um sie heute nach fast neun Jahren Kanzlerschaft zu charakterisieren. Sie hat viele überholt, die sie längst abgeschrieben haben.

Merkel hatte bemerkenswerte politische Erfolge, ist aber auch durch schwere politische Krisen gegangen, musste Rücktritte und Rückschläge verkraften, mit ihren Kabinetten Wirtschafts- und Finanzkrisen managen. Dabei wurde sie zweimal wiedergewählt, zuletzt mit einem Rekordergebnis. Und ihre Popularität wächst sogar mit Auftritten wie bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Das belegen die Umfragen.

Beim Hamburger Abendblatt war sie mehrfach zu Gast, schon als Fraktionsvorsitzende der CDU im Bundestag. Auch Abendblatt-Redakteure haben sie im Kanzleramt besucht, sie interviewt. Ob sie inzwischen ihren Frieden mit den Fotografen gemacht hat, ist nicht überliefert. Der Box-Manager Jean-Marcel Nartz, ein fröhlicher Rheinländer, ist persönlich mit vielen Profi-Bildberichterstattern befreundet.