Im Mordfall Mohammed Abu Chdeir wurden offenbar sechs Verdächtige verhaftet. USA beunruhigt über Festnahme eines Cousins des Opfers.

Jerusalem. Hinter dem Mordfall des 16-jährigen palästinensischen Jugendlichen Mohammed Abu Chdeir vermutet nun auch Israel extremistische Juden: Mehrere jüdische Verdächtige seien festgenommen worden, hieß es am Sonntag aus Ermittlerkreisen.

Nach Informationen der Zeitung „Haaretz“ sind sechs Personen in Gewahrsam. Die Entdeckung der verkohlten Leiche des Palästinensers am Mittwoch hatte tagelange Unruhen ausgelöst. Er war nach vorläufigen Autopsieergebnissen bei lebendigem Leibe verbrannt worden.

Palästinenser hatten von Anfang an einen Racheakt israelischer Extremisten für den Mord an drei israelischen Jugendlichen unterstellt. Die israelische Polizei prüfte nach eigenen Angaben aber auch kriminelle oder persönliche Hintergründe der Tat. Nun hieß es, der Angriff auf den palästinensischen Teenager habe wahrscheinlich „nationalistische“ Motive.

Die Mutter des Getöteten, Suha, begrüßte die Festnahmen, zweifelte aber an den israelischen Ermittlern. „Selbst wenn sie die gefasst haben, die nach ihrer Darstellung meinen Sohn getötet haben: Sie werden sie nur befragen und sie dann wieder entlassen“, sagte sie. „Was soll das bringen?“

Der israelische Präsident Schimon Peres betonte dagegen am Sonntag, die Behörden würden die Tötung des Jungen restlos aufklären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. „Wenn Juden zu Killern werden, werden sie vor Gericht gestellt wie jeder andere Killer“, sagte Peres in der Stadt Sderot.

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mahnte zur Ruhe. „Die Erfahrung zeigt, dass man in Momenten wie diesen ruhig und verantwortungsvoll handeln muss, nicht hysterisch und hastig“, sagte er zur Eröffnung der Kabinettssitzung.

Zuvor hatte es tagelang gewaltsame Proteste von Palästinensern wegen Abu Chdeirs Tods gegeben. Nach seinem Begräbnis am Freitag zogen sich die Proteste bis zum Sonnabend hin. Gegen Steine und Brandsätze werfende Jugendliche setzte die Polizei Tränengas und Blendgranaten ein. Es gab Dutzende Verletzte und Festnahmen. Bis zum frühen Sonntagmorgen waren die Unruhen weitgehend abgeklungen, doch herrschte gespannte Ruhe.

Für Aufsehen sorgte im Zusammenhang mit den Protesten die Festnahme eines 15-jährigen Cousins des Toten. Der Teenager Tarik Abu Chdeir, ein amerikanischer Staatsbürger, war bei Auseinandersetzungen mit israelischen Sicherheitskräften schwer verletzt und in Gewahrsam genommen worden. Am Sonntag verhängte ein israelisches Gericht neun Tage Hausarrest gegen den Jungen, wie die Polizei mitteilte.

Seine Eltern sagen, ihr Sohn sei von der israelischen Polizei heftig geschlagen worden. Das US-Außenministerium zeigte sich über diese Berichte „zutiefst besorgt“. Die israelische Polizei erklärte, der 15-Jährige habe sich bei der Verhaftung widersetzt und die Polizisten angegriffen. Er habe eine Steinschleuder bei sich gehabt.

Begonnen hatte die jüngste Zuspitzung mit dem Verschwinden der drei israelischen Jugendlichen im Westjordanland am 12. Juni. Ihre Leichen waren Anfang dieser Woche entdeckt worden. Israel macht dafür die radikalislamische Hamas verantwortlich, die den Gazastreifen dominiert.

Von dort wurden in den vergangenen Tagen immer wieder Raketen und Mörsergeschosse auf Israel abgefeuert. Am Wochenende waren es nach israelischen Angaben 29. Daraufhin griff das israelische Militär nach eigenen Angaben in der Nacht zum Sonntag erneut zehn Orte im Gazastreifen an. Ziel waren demnach unter anderem Raketenwerfer und eine illegale Waffenmanufaktur.