Die türkische Zeitung „Sabah“ hat mit dem Eilantrag Recht bekommen. SPD-Vize lobt die Entscheidung des Verfassungsgerichts: Angemessene Zahl von Sitzplätzen im NSU-Prozess geht an ausländische Medien.

Karlsruhe. Den Prozess vor dem Prozess hat die türkische Zeitung „Sabah“ gewonnen. Wenn am kommenden Mittwoch das Verfahren gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und Helfer des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) vor dem Oberlandesgericht in München beginnt, muss eine angemessene Zahl von Sitzplätzen an Journalisten aus dem Ausland vergeben werden. Das entschied das Bundesverfassungsgericht am Freitag. Damit hatte ein Eilantrag der türkischen Tageszeitung Erfolg.

Türkische Medien waren bei der Vergabe der 50 reservierten Presseplätze leer ausgegangen – obwohl acht der zehn Mordopfer der Neonazi-Terroristen aus türkischen Familie stammen. Das Oberlandesgericht hatte die Akkreditierungen nach der Reihenfolge des Eingangs vergeben. Im Gegensatz zu anderen Strafverfahren gab es kein spezielles Kontingent für ausländische Medien. Wie nun die Platzvergabe im einzelnen geschehen soll, ließen die Verfassungsrichter offen. „Möglich wäre ein Zusatzkontingent von nicht weniger als drei Plätzen zu eröffnen, in dem nach dem Prioritätsprinzip oder etwa nach dem Losverfahren Plätze vergeben werden“, hieß es in der Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts. „Es bleibt dem Vorsitzenden aber auch unbenommen, anstelle dessen die Sitzplatzvergabe oder die Akkreditierung insgesamt nach anderen Regeln zu gestalten.“

Die Journalisten von „Sabah“ sehen sich nun in ihrer Klage die bisherige Platzvergabe bestätigt. „Das Gericht hat uns recht gegeben“, sagte der stellvertretende Chefredakteur Ismail Erel. „Wir haben uns nicht zu Unrecht ungleich behandelt gefühlt.“ Das Gericht habe ein ganz klares Signal gesetzt. Die Berliner „tageszeitung“ hatte zuvor bereits angekündigt, über den NSU-Prozess auch auf Türkisch berichten. „Unsere Texte werden so schnell wie möglich übersetzt und erscheinen dann im Internet “, kündigte die Redaktion an.

Auch die Vize-Bundesvorsitzende der SPD, Aydan Özoguz, lobte die Entscheidung über die Platzvergabe. "Ich bin sehr froh, dass das Bundesverfassungsgericht hier sehr schnell eine Entscheidung herbeigeführt hat. Und dass nun Klarheit besteht, dass nicht alle türkischen und griechischen Medien bei diesem Prozess ausgeschlossen werden dürfen", sagte die Politikerin abendblatt.de. Ein anderes Urteil wäre ein fatales Signal gewesen. "Nachdem an diesem Punkt nun Rechtsklarheit besteht, bin ich überzeugt, dass der Prozess ordentlich durchgeführt werden kann."

Während ab kommender Woche der Prozess gegen Zschäpe beginnt, stehen die Politiker des NSU-Untersuchungsausschusses kurz vor Abschluss ihrer Zeugenbefragung. Für den 6. Juni plant das Gremium des Bundestages die letzte öffentliche Sitzung. Am 3. September berichten die Politiker dann dem Parlament. Der Ausschuss befasst sich mit den Pannen der Sicherheitsbehörden bei der Fahndung nach den Rechtsterroristen und den Fehlern bei der Aufklärung der Mordserie. Der rechtsextremen Terrorzelle NSU werden zehn Morde an türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer Polizistin zwischen 2000 und 2007 zur Last gelegt.