Blitzschnelles Denken und Wortwitz - das könnte Peer Steinbrück im TV-Duell im direkten Vergleich mit der Kanzlerin nach vorne bringen.

Berlin. Manchmal ist Peer Steinbrück wie Lucky Luke. Er zieht schneller als sein Schatten. Schießt sein loses Mundwerk drauf los, müssen er und die SPD die Worte hinterher oftmals wieder mühsam einfangen. Wie die Aussagen zur Angemessenheit des Kanzlergehalts und zum Frauenbonus der Kanzlerin. Nun aber, nach dem rot-grünen Wahlsieg in Niedersachsen, hat der SPD-Kanzlerkandidat offenbar verstanden, dass die Worte desjenigen, der Bundeskanzler werden will, eine andere Resonanz haben. Der 66-Jährige ist vorsichtiger geworden, aber auch entspannter. Die Kritik-Karawane ist weitergezogen zu FDP-Spitzenmann Rainer Brüderle.

Nach quälenden Wochen der Selbstverteidigung hat Steinbrück nun vor Journalisten im Willy-Brandt-Haus skizziert, wie er sich das Duell mit der Kanzlerin vorstellt. Er würde gerne mindestens zweimal mit gezücktem rhetorischen Colt zum High Noon erscheinen. Doch er fürchtet, dass Angela Merkel wie schon 2009 einen Sphinx-Wahlkampf machen könnte: schwer zu greifen, Themen der SPD kopierend und nur ein Duell gewährend. Deshalb kam es 2009 zu einer „4:2-Lösung“ mit vier Fragestellern und zwei Kandidaten. Das Aufeinandertreffen mit Frank-Walter Steinmeier am 13. September 2009 war recht ereignisarm, mit leichten Vorteilen für Steinmeier, was die SPD aber auch nicht vor dem 23-Prozent-Debakel bei der Bundestagswahl bewahren konnte.

Steinbrücks große Stärke ist das blitzschnelle Denken, sein Wortwitz, ein TV-Duell könnte ihn im direkten Vergleich mit Merkel nach vorn bringen. Aber eine flapsige Bemerkung könnte wiederum auch alles vermasseln. 2005 als nordrhein-westfälischer Ministerpräsident nutzten ihm jedenfalls die Duelle mit CDU-Herausforderer Jürgen Rüttgers – damals ließ er sich als Regierungschef auch auf zwei ein. Umfragen ergaben nach dem zweiten Duell, dass Steinbrück deutlich an Zustimmung gewann, statt zuvor 37 sprachen sich nun 47 Prozent für ihn als Ministerpräsidenten aus, Rüttgers verlor an Zustimmung. Doch am Ende war Steinbrück gegen den Bundestrend machtlos, Rot-Grün verlor.

Merkel behandelt Steinbrück bisher wie Luft. Der fürchtet, dass Merkel präsidial lieber auf Gipfeln und roten Teppichen glänzen wolle, statt sich der inhaltlichen Debatte zu stellen. Der frühere Bundesfinanzminister will daher frühzeitig Merkel dazu treiben, dass sie nicht ihre Strategie vom Wahlkampf 2009 wiederholen kann.

Es hat sich für Merkels damalige Taktik unter Wahlforschern das sperrige Wort der asymmetrischen Mobilisierung herauskristallisiert. Durch das Ausweichen vor kontroversen Themen, inhaltlichen Verwischungen und vagen Positionierungen soll ein Duell vermieden werden. So soll der Wähler des politischen Gegners von den Wahlurnen ferngehalten werden.

„Frau Merkel versucht jetzt wieder einen Neustart mit der Lohnuntergrenze und plötzlich spielt auch das Thema Mieten eine Rolle“, sagt Steinbrück. Und nun diskutierten auch CDU/CSU plötzlich über ein Trennbankensystem. Er hatte schon vor seiner Nominierung vorgeschlagen, dass das Investmentbanking vom Privatkundengeschäft getrennt werden müsse, damit nicht immer der Steuerzahler bei Schieflagen von Banken mit Milliardensummen haften muss.

„Zu unserer Freude hecheln sie uns hinterher“, sagt er mit Blick auf die Union. Aber eine Lohnuntergrenze sei etwas anderes als ein Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde, die Lebensleistungsrente bringe nur minimale Aufstockungen, während die SPD für langjährige Einzahler eine Solidarrente von 850 Euro wolle. Und eine Flexi-Quote sei eben keine verbindliche Frauen-Quote. „Da werden viele Etiketten auf Flaschen geklebt, in denen nichts drin ist“, sagt Steinbrück. Egal, was am Ende rauskommt, eines steht für ihn fest: Er will Rot-Grün und geht in keine große Koalition mehr unter Merkel.

Kalt erwischt hat die SPD aber der Vorschlag von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) für eine „Strompreis-Sicherung“. Womöglich versucht die SPD über einen Antrag zur Senkung der Stromsteuer im Bundesrat, die schwarz-gelbe Koalition unter Druck zu setzen, denn anders als die Union will die FDP diese Steuer auch senken. Die SPD glaubt insgesamt, dass die Europapolitik nicht so stark den Wahlkampf dominieren wird – sondern soziale Themen wie Mindestlöhne, Renten, Strompreise und in Städten stark steigende Mieten.

Steinbrück sagt, seit 15 Jahren gebe es eine Umverteilung „stramm von unten nach oben“ – aber elf Jahre davon hat die SPD mitregiert. Ihn interessiere es „nicht die Bohne“, dass er als teurer Kandidat bezeichnet werde, weil die SPD milliardenschwere Wohltaten in Aussicht stellt. Es muss sich aber noch zeigen, dass er der richtige Kandidat für dieses Programm ist, mit dem auch im Linken-Reservoir gewildert werden soll. „Wenn ganze Stadtteile abstürzen, hat das Folgekosten“, betont er. Das wolle er im Wahlkampf auch wohlhabenden Menschen in Hamburg-Blankenese oder München klarmachen.