SPD-Fraktionschef Schmiedel warnt vor Spekulationen um das Bahnprojekt und fordert die Bahn auf, jetzt endlich Klartext zu reden.

Stuttgart. Dem Bahnprojekt Stuttgart 21 drohen nach Ansicht von Grünen-Politikern weitere Mehrkosten und ein Zeitverzug. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann sagte der „Stuttgarter Zeitung“, Stuttgart 21 sei mit einem Fertigstellungstermin 2025 bereits extrem optimistisch kalkuliert. Derzeit geht die Bahn offiziell noch davon aus, dass der Tiefbahnhof und die Neubaustrecke zeitgleich 2020 fertiggestellt werden.

Der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter rechnet laut Zeitung damit, dass für S 21 ein zweistelliger Milliardenbetrag fällig wird. Der Grünen-Politiker sprach von Hochrechnungen, die im Bahn-Konzern unter Verschluss gehalten würden. „Demnach würde das Bahnprojekt unterm Strich zwischen 10,7 und 11,3 Milliarden Euro kosten“, so Hofreiter zur „Stuttgarter Zeitung“.

Die Bahn wies die Äußerungen am Samstag scharf zurück. „Annahmen, die über jene Kosten – und Terminrisiken hinausgehen, die am 12. Dezember 2012 dem Aufsichtsrat erläutert wurden, sind pure Spekulation und entbehren jeglicher Grundlage, die wir entschieden zurückweisen“, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Es handele sich um ein fragwürdiges politisches Manöver seitens der Grünen vor dem anstehenden Projektgespräch.

Der CDU-Landeschef Thomas Strobl kritisierte die Grünen-Äußerungen ebenfalls heftig: „Es geht nicht, dass Regierungsmitglieder das Projekt ständig madig machen, verzögern und hintertreiben“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Diesem Treiben muss der Ministerpräsident ein Ende machen.“ Die Projektpartner Bahn, Stadt und Land müssten endlich gut zusammenarbeiten.

Am Montag will sich der Bahn-Vorstand mit Politikern von Land, Region und Stadt zu Gesprächen in Stuttgart treffen. Schmiedel sagte, er erwarte von der Bahn eine Klarstellung darüber, wie die Mehrkosten finanziert werden sollen. „Da wird ja viel rumspekuliert, führt das zu höheren Fahrpreisen, müssen andere Projekte abgesagt werden?“

Die Bahn hatte Mitte Dezember mitgeteilt, dass die Kosten auf 5,6 Milliarden Euro steigen. Hinzu kommen noch Risiken in einer Größenordnung von 1,2 Milliarden Euro. „Wir wollen natürlich wissen, wie belastbar die neue Kostenschätzung ist“, sagte Schmiedel. Zudem gehe es darum, aus den Vorgängen Konsequenzen zu ziehen. „Wir wollen nicht ständig unerfreulichen Entwicklungen hinterherhecheln“, sagte der SPD-Fraktionschef zur Informationspolitik der Bahn.

Schmiedel bekräftigte seine Forderung nach einer eigenen Projektgesellschaft für Stuttgart 21. „Die Bahn muss sich besser aufstellen.“ Die Aufsplittung der Zuständigkeiten auf verschiedene Bereiche der Bahn sei nicht optimal für so ein komplexes Bauvorhaben. Schmiedel hält es aber für „völlig unwahrscheinlich“, dass der Aufsichtsrat der Bahn das Projekt doch noch stoppen könnte. „Eine Alternative gibt es in Wahrheit nicht. Sondern eine Alternative müsste erst entwickelt, durchgeplant und durchfinanziert werden.“ An einen Baubeginn vor 2020 wäre dann nicht zu denken, so Schmiedel.

Am Freitag hatte die Bahn mitgeteilt, das geplante Fällen von Bäumen am Rande des Stuttgarter Rosensteinparks bis zum Herbst verschieben zu wollen. Die Bahn werde Fachleute einladen, um ausführlich über Maßnahmen zur Sicherung und Erhalt einer Juchtenkäferpopulation in diesem Bereich zu sprechen. Damit bleiben zunächst 80 bis 100 Bäume stehen, die ansonsten bis Ende Februar - vor Beginn der Vegetationsperiode – hätten gefällt werden sollen.

Neben Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte zuletzt der neue Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) gefordert, die Bahn solle angesichts neuer Fragezeichen hinter dem umstrittenen Milliardenprojekt keine vollendeten Tatsachen schaffen. Deren Forderungen hätten nichts mit der aktuellen Entscheidung der Bahn zu tun, betonte ein Bahn-Sprecher. „Die Bahn wird bauen, sobald wir das Baurecht haben. Wir werden das Baurecht nutzen.“

Schmiedel bezeichnete diese Entscheidung der Bahn als „sehr vernünftig“. Hermann sagte der Nachrichtenagentur dpa auf die Frage, wie er diese Entscheidung der Bahn werte: „Als erste Einsicht.“