Putin bekennt Farbe: Ausdrücklich unterstützt er ein Adoptionsverbot für US-Familien. Russland könne sich selbst um seine Kinder kümmern.

Moskau. Alle Beschwichtigungsversuche haben den Kreml nicht von der Retourkutsche abbringen können: Der russische Präsident Wladimir Putin unterzeichnete am Freitag ein umstrittenes Gesetz, mit dem US-Bürgern die Adoption russischer Kinder untersagt wird. Keine 24 Stunden nach der Zustimmung des Parlaments nahm es damit die letzte Hürde. Überraschend kam der Schritt nicht, nachdem ihn Putin vorab als legitime Antwort auf ein US-Gesetz rechtfertigt hatte, das Sanktionen gegen Menschenrechtsverstöße in Russland fordert. Eine Kampagne im staatsnahen russischen Fernsehen gegen amerikanische Adoptiveltern tat ihr Übriges, Washington protestierte vergeblich.

Die US-Behörden hätten zugelassen, dass Amerikaner, die der Gewalttaten gegen russische Adoptivkinder verdächtigt würden, straffrei davonkämen, lautete Putins medial verbreitete Argumentation. Damit bezog sich der Staatschef offenbar auf einen Fall, bei dem ein adoptiertes Kleinkind aus Russland 2008 starb, nachdem es von seinem amerikanischen Adoptivvater bei brütender Hitze in einem Auto zurückgelassen worden war. Der Mann wurde von einem Gericht freigesprochen.

Das US-Außenministerium hatte den Kreml vorab gewarnt: „Es ist verfehlt, das Schicksal von Kindern mit politischen Erwägungen in Verbindung zu bringen, die damit nichts zu tun haben“, ließ die Behörde über einen Sprecher mitteilen. Russische Adoptionsbefürworter wähnen elternlose Kinder nun um eine Chance gebracht, dem Waisenhaus zu entkommen. Selbst Putins Außenminister Sergej Lawrow sieht Verfassung und internationale Abkommen durch das russische Gesetz verletzt. Befürworter nennen es hingegen eine „lange überfällige Antwort“ auf die US-Maßnahme, zumal russische Kinder ohnehin in russische Familien gehörten.

Beck fordert Einreiseverbote wegen Magnitski-Affäre

In Russland gibt es nach Schätzung des UN-Kinderhilfswerks UNICEF 740.000 Jungen und Mädchen ohne Eltern. In den vergangenen 20 Jahren wurden mehr als 60.000 russische Kinder von Amerikanern adoptiert - mehr als in irgendeinem anderen Land. Nach Angaben des Kinderrechtlers Pawel Astachow liegen nun 46 vorbereitete Adoptionen durch US-Bürger auf Eis, die betroffenen Kinder müssten jetzt wohl vorerst in Russland bleiben.

Der politische Streit ist eng mit dem Schicksal des russischen Rechtsanwalts Sergej Magnitski verknüpft. Er hatte Angehörige des russischen Innenministeriums massiver Korruption beschuldigt, wurde daraufhin selbst wegen Steuervergehen verurteilt und kam 2009 im Gefängnis um. Eine private Untersuchung hatte ergeben, dass Magnitski die ärztliche Versorgung verwehrt wurde, nachdem er zusammengeschlagen worden war. Der einzige Angeklagte in der Affäre, Gefängnisarzt Dimitri Kratow, wurde am Freitag erwartungsgemäß freigesprochen, weil nach Ansicht der Moskauer Richter keine Beweise für eine fahrlässige Tötung vorlagen.

Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, bezeichnete den Freispruch als Offenbarungseid für die russische Justiz: Die Bundesregierung solle nun im Gegenzug „Einreiseverbote für die Verantwortlichen am Tod Magnitskis“ prüfen. Dessen Fall hatte sowohl in Russland als auch international Empörung ausgelöst. Als Reaktion auf die nebulösen Todesumstände erließ der US-Kongress diesen Monat ein Gesetz im Namen des Verstorbenen, dass Sanktionen gegen russische Staatsdiener vorsieht, die sich Verstößen gegen die Menschenrechte schuldig machen. Daraufhin wurde in Russland das ebenfalls umstrittene Adoptionsverbot erlassen.