Zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Mursi sind in der Nacht zum Donnerstag mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen.

Kairo. Nach den schwersten Unruhen seit Beginn der jüngten Krise in Ägypten hat die Armee am Donnerstag Panzer vor dem Präsidentenpalast auffahren lassen. Die sechs Panzer und zwei gepanzerten Fahrzeuge gehören zur Republikanischen Garde, einer Eliteeinheit, die für den Schutz des Präsidenten und des Palastes zuständig ist. Demonstranten beschimpften die Soldaten auf den Panzern als „Verräter“. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich bestürzt über die jüngsten Gewaltausbrüche.

5 Tote, knapp 500 Verletzte

Bei Auseinandersetzungen in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zwischen Anhängern und Gegnern von Präsident Mohammed Mursi sind in der Nacht zum Donnerstag mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen, wie das staatliche Fernsehen berichtete. 446 Menschen seien verletzt worden, hieß es unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Es waren die bislang schlimmsten Unruhen seit Beginn der jüngsten Krise am 22. November, als sich Mursi mit Dekreten fast unbeschränkte Machtbefugnisse sicherte. Beide Seiten griffen sich mit Brandsätzen, Steinen und Stöcken an.

Am Morgen beruhigte sich die Lage offenbar etwas, beide Seiten schienen sich auf eine längere Auseinandersetzung vorzubereiten. Die Opposition kündigte für Donnerstag weitere Proteste an. Die Krawalle begannen am Mittwoch, als Tausende Islamisten die Gegend um den Palast stürmten, wo 300 Gegner Mursis einen Sitzstreik abhielten. Am Vorabend hatten sich mehr als 100.000 Ägypter an einem Protestmarsch zum Amtssitz des Staatschefs beteiligt und ihrer Verärgerung über die Machtausweitung Mursis Luft gemacht. Die Protestaktion unter dem Motto „Die letzte Warnung“ richtete sich auch gegen die Übermacht der Islamisten und ihren im Eilverfahren durchgeboxten Verfassungsentwurf.

Bei Sonnenuntergang am Mittwoch hatten sich etwa 10.000 Islamisten vor dem Präsidentenpalast versammelt. „Möge Gott Ägypten und seinen Präsidenten schützen“, war auf einem Transparent zu lesen. „Wir sind gekommen, um den Präsidenten zu unterstützen“, sagte der Ingenieur Rabi Mohammed. „Es gibt Leute, die mit ihrem rücksichtslosen Vorgehen demokratische Prinzipien verletzen.“

Vizepräsident Mahmud Mekki rief die Opposition zum Dialog über die umstrittene Verfassungsreform auf. Bei seinem Appell handele es sich um eine persönliche Initiative, sagte er. Der oppositionelle Aktivist und Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei wies das Angebot von Mursis Stellvertreter zurück. „Bei allem nötigen Respekt - wir beschäftigen uns nicht mit privaten Vorstößen. Wenn es einen echten Wunsch nach einem Dialog gibt, muss das Angebot von Präsident Mursi kommen“, sagte der prominente Oppositionelle.

Westerwelle erklärte in Berlin: „Gewalt ist kein Mittel der Auseinandersetzung“ Er appellierte an die Anhänger und Gegner von Präsident Mursi, den Konflikt friedlich zu lösen. Jetzt komme es darauf an, der „Herrschaft des Rechts“ wieder Geltung zu verschaffen.