Palästina ist ein Staat – wenn auch nur für die Uno und da nur zweiter Klasse. Auf jeden Fall hat das Votum von New York große Symbolik.

New York. Der Jubel war in New York kaum leiser als in Ramallah: Die Palästinensergebiete gelten bei den Vereinten Nationen künftig als Staat – und Begeisterung gab es nicht nur im Gazastreifen und im Westjordanland. Auch in der Uno-Vollversammlung fielen sich Diplomaten in die Arme und klopften, über die konsternierten Blicke israelischer und amerikanischer Vertreter hinweg, Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auf die Schulter. Doch trotz des Jubels hing eine Frage im Raum: Sind die Leidtragenden des Votums letztlich die heute jubelnden Palästinenser?

Eigentlich hatte Abbas die Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen angestrebt. Doch das geht nur über den Sicherheitsrat und da blockieren die USA, solange es keinen Frieden mit Israel gibt. Der Weg durch die Hintertür ist, schon wegen der Zustimmung von 138 der 193 Staaten, ein diplomatischer Triumph – aber doch nur zweiter Klasse.

Denn der Vollmitgliedschaft sind die Palästinenser nicht näher gekommen. Immerhin sind sie jetzt nicht mehr Beobachter, sondern Beobachterstaat. Und sie könnten Israel das Leben etwas schwerer machen, indem sie Vorfälle in den besetzen Gebieten vor den Internationalen Strafgerichtshof bringen – den Israel allerdings ignoriert. Also doch alles nur Symbolik?

Das Paradoxe ist, dass in New York fast jeder Verständnis für die Palästinenser hat – selbst die, die mit Nein gestimmt haben. Nur den Zeitpunkt kritisiert fast jeder – selbst die, die mit Ja gestimmt haben. Ein westlicher Diplomat spricht „vom schlechtesten Timing der Weltgeschichte“. Der Antrag hätte Israel so oder so gereizt, ihn aber mitten im israelischen Wahlkampf vorzubringen, sei „in etwa so diplomatisch wie ein Fausthieb“. Ein anderer sagt, es sei zudem „ein Schlag ins Gesicht“ von US-Präsident Barack Obama, der Frieden mit Israel zur Bedingung gemacht hatte.

Und die USA sind der wichtigste Spieler in der Region. Denn Washington alimentiert nicht nur die Palästinenser selbst, sondern zahlt auch fast ein Viertel des Uno-Haushalts. Ein Diktum des Kongresses schreibt Obama jedoch vor, die Gelder für diejenigen Uno-Organisationen auszusetzen, die die Palästinenser anerkennen – wie bereits geschehen mit der Unesco. Wenn das jetzt für die anderen Uno-Gremien gilt, könnte die Weltorganisation in eine Krise geraten. Die Palästinenser jedoch könnten einpacken, zumal die Europäer mehrfach vehement versichert haben, die Ausfälle nicht zu kompensieren.

Uno-Botschafterin Susan Rice, die als nächste US-Außenministerin gehandelt wird, sprach schon von einer „unglücklichen und kontraproduktiven Resolution“. Während die Palästinenser sich mit einer gewaltigen Flagge selbst feierten, sprach Rice trotz der Mikrofonanlage immer lauter, als wolle sie gegen die 15-fache Mehrheit des Votums ankämpfen. Israels Botschafter Ron Prosor sagte, Friedenswillen habe nur sein Land gezeigt: „Wir haben immer wieder die Hand ausgestreckt. Die Antwort waren Zurückweisung, Gewalt und auch Terrorismus.“ Er bekam höflichen Applaus. Abbas vor ihm war bejubelt worden, selbst von einigen Journalisten.

Das was die Palästinenser jetzt haben, nennt sich die Vatikanlösung, weil der Kirchenstaat lange der einzige Beobachterstaat war. Das ist er schon seit 1964. Für fast alle anderen galt, dass nach einer gewissen Zeit als Beobachter die Vollmitgliedschaft kam. Zwei dieser Staaten zogen dann 1973 ihre schwarz-rot-goldene Fahnen am East River hoch – eine mit dem Bundesadler, die andere mit Hammer und Zirkel.