Der Ausgang der richtungweisenden Wahl ist völlig offen. In Umfragen liegt die regierende Vereinte Nationale Bewegung (ENM) von Präsident Michail Saakaschwili nahezu gleichauf mit der Oppositionskoalition von Bidsina Iwanischwili.

Tiflis. Die Georgier haben am Montag ein neues Parlament gewählt. Bei der Abstimmung wird nicht nur über die Verteilung der 150 Mandate entschieden, sondern auch eine neue politische Ära in der Kaukasusrepublik eingeläutet. Künftig sollen Parlament und Ministerpräsident mehr Kompetenzen erhalten.

Der Ausgang der richtungweisenden Wahl ist völlig offen. In Umfragen liegt die regierende Vereinte Nationale Bewegung (ENM) von Präsident Michail Saakaschwili nahezu gleichauf mit der Oppositionskoalition von Bidsina Iwanischwili. Am Samstag waren bei einer der größten Kundgebungen in der Geschichte des Landes mindestens 100.000 Anhänger der Opposition auf die Straße gegangen und hatten für einen Machtwechsel demonstriert. Mit ersten Ergebnissen der Wahl wird am Dienstag gerechnet.

Derzeit hält die ENM fast 80 Prozent der Sitze im georgischen Parlament. Allerdings hat die Unterstützung für Saakaschwili vor allem in der Hauptstadt Tiflis, wo ein Drittel der georgischen Bevölkerung lebt, massiv abgenommen. Zusätzlich belastete kürzlich ein Skandal um Folterungen in georgischen Gefängnissen den Präsidenten, der seit fast neun Jahren an der Macht ist.

Der Wahlausgang hat grundlegende Bedeutung: Eine politische Reform soll Parlament und Ministerpräsident mehr Macht verleihen. Nach dem Ende von Saakaschwilis zweiter und letzter Amtszeit im kommenden Jahr hat die dann stärkste Partei im Parlament das Recht, den Ministerpräsidenten zu bestimmen. Der Regierungschef soll zahlreiche Rechte erhalten, die derzeit noch im Kompetenzbereich des Staatspräsidenten liegen.

Präsident um Annäherung an Westen bemüht

Saakaschwili wurde 2004 im Alter von 37 Jahren Präsident der 4,4 Millionen Einwohner zählenden Ex-Sowjetrepublik am Schwarzen Meer. Er bemüht sich um eine engere Anbindung Georgiens an Europäische Union und NATO. In seiner Amtszeit ging er erfolgreich gegen organisierte Kriminalität und Korruption vor und setzte Wirtschaftsreformen durch. Dennoch sind Armuts- und Arbeitslosenrate weiterhin hoch.

Der Milliardär Iwanischwili und das von ihm gegründete Bündnis Georgischer Traum (GT) wollen die Beziehungen zu Russland wieder verbessern. 2008 führten die beiden Nachbarländer einen kurzen Krieg gegeneinander. Saakaschwilis Regierung bezeichnet Iwanischwili als Marionette Moskaus. Die Wahl am Montag sei „die letzte Chance unserer Feinde, uns vom Pfad zur Unabhängigkeit abzubringen“, sagte Saakaschwili zuletzt. Kritiker wiederum werfen dem Präsidenten eine autokratische Amtsführung vor.

(dapd)