Am Freitag wird es eine Expertenanhörung zu dem stark umstrittenen Betreuungsgeld geben. CSU-Chef Seehofer zeigt sich kompromissbereit.

Berlin. Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer ist beim Betreuungsgeld nun doch offen für fachliche Nachbesserungen. Als Beispiel nannte Seehofer die Verknüpfung des Betreuungsgelds mit den medizinischen Vorsorgeuntersuchungen kleiner Kinder. Dabei müsse aber klipp und klar sein, dass das keine Zustimmungspflicht der Länder im Bundesrat auslöse, sagte Seehofer am Donnerstag am Rande eines Besuchs in Jerusalem.

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Am Freitag wird es im Bundestag eine Expertenanhörung zu dem auch koalitionsintern nach wie vor umstrittenen Betreuungsgeld geben. Die Leistungen sollen ab 2013 Eltern bekommen, die für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz oder keine öffentlich finanzierte Tagesmutter in Anspruch nehmen. Zunächst sind 100 Euro, später 150 Euro pro Monat vorgesehen.

Nach einem Bericht der Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ soll das Gesetz nach dem Willen der Koalition wegen möglicher Änderungen erst am 18. Oktober verabschiedet werden – und nicht wie ursprünglich geplant Ende September.

Seehofer sagte: „Die Vorsorgeuntersuchung ist geeignet, nicht nur Misshandlung, sondern auch Unterernährung und Verwahrlosung von Kindern zu erkennen.“ Allerdings werde die CSU neuerliche Versuche aus CDU und FDP, das Betreuungsgeld zu verhindern, nicht akzeptieren. Der CSU-Chef: „Was wir nicht zur Diskussion stellen, ist die Substanz des Betreuungsgelds.“

Ursprünglich wollte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) die Auszahlung des Betreuungsgeldes von der Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchen abhängig machen. Doch mit einem Veto verhinderte Seehofer, dass dies in den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen aufgenommen wurde. Im bayerischen Betreuungsgeldgesetz ist dagegen eine solche Koppelung ausdrücklich vorgesehen.

Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Bei diesem unsinnigen Gesetz helfen keine Verbesserungen. Das ganze Gesetz muss weg.“

27 renommierte Wissenschaftler wandten sich in einem Aufruf in der Wochenzeitung „Die Zeit“ gegen das geplante Gesetz. „Wir appellieren an die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung, ihre erst vor wenigen Jahren eingeleitete moderne Familienpolitik nicht durch das Betreuungsgeld zu desavouieren“, heißt es darin. Die Einführung des Betreuungsgeldes bedeute einen großen „Rückschritt auf dem Wege, Familien- und Kinderpolitik in Deutschland auf die heutigen veränderten Lebensbedingungen zuzuschneiden“, schreiben die Professoren.

Vor allem für Mütter mit kleinem Einkommen mache es die Koalition mit dem Betreuungsgeld attraktiver, nach der Geburt von Kindern nicht in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Gerade für solche Frauen sei aber eine „kontinuierliche Erwerbsbiografie besonders wichtig“. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Bildungssoziologin Jutta Allmendinger, die Familien- und Bildungsökonomin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther.

Mit Material von dpa