Die vier Täter, nach Angaben der Polizei vermutlich arabischstämmige Jugendliche, sind noch nicht gefasst. Die Jüdische Gemeinde in Berlin will bis 2013 eine eigene Datenbank zur Erfassung antisemitischer Vorfälle einrichten. „Die verbale Aggression gegen Juden hat zugenommen“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Gideon Joffe, dem „Tagesspiegel“ (Donnerstag).

Berlin. Nach dem antisemitischen Angriff auf einen Rabbiner in Berlin ist eine Debatte über Ursachen und Konsequenzen entbrannt. Die vier Täter, nach Angaben der Polizei vermutlich arabischstämmige Jugendliche, sind noch nicht gefasst. Die Jüdische Gemeinde in Berlin will bis 2013 eine eigene Datenbank zur Erfassung antisemitischer Vorfälle einrichten. „Die verbale Aggression gegen Juden hat zugenommen“, sagte der Vorsitzende der Gemeinde, Gideon Joffe, dem „Tagesspiegel“ (Donnerstag). Berlins Arbeits- und Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) forderte zu Wachsamkeit und Zivilcourage auf.

Der 53 Jahre alte Rabbiner war am Dienstagabend in Begleitung seiner sechs Jahre alten Tochter im bürgerlichen Stadtteil Friedenau angegriffen worden. Der Angriff erfolgte offenbar, weil der Mann die traditionelle jüdische Kopfbedeckung Kippa trug, wie die Polizei mitteilte. Der Rabbiner erlitt einen Jochbeinbruch. Dem kleinen Mädchen drohten die Jugendlichen mit dem Tod.

Der Berliner Rabbiner Walter Rothschild sprach im RBB-Inforadio von einer „neuen Dimension“. Er selber sei bereits angegriffen worden und erhalte auch beleidigende E-Mails. Rothschild berichtete weiter, dass er in der Öffentlichkeit die traditionelle jüdische Kopfbedeckung Kippa nicht trage.

Die Vorsitzende des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, Lala Süsskind, sprach von einem „latenten Antisemitismus“: „Aber es ist schon so, dass viele gewalttätige Übergriffe auf jüdische Menschen von arabischen Menschen ausgeübt werden“, sagte sie der „Berliner Morgenpost“ (Donnerstag). „Ich denke, dass es oft eine Frage mangelnder Bildung ist und dass die Eltern hier auch eine Verantwortung tragen.“

Süsskind erklärte, latenten Antisemitismus gebe es nicht nur in Berlin und nicht nur unter Arabern. Dies sei auch eine Frage mangelnder Bildung. „Es macht mich unglaublich wütend, wenn ich sehe, dass gerade Menschen mit muslimischem Hintergrund – meist sind es ja Deutsche – die vielen Bildungsangebote hier in Berlin nicht nutzen.“ Im Judentum sei Bildung „das A und O“. „Da stimmt etwas nicht in diesem Staat“, so Süsskind.

Auch Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) rief zu Wachsamkeit und Zivilcourage gegen jede Form von Rassismus und Antisemitismus auf. Sie zeigte sich schockiert über das Ausmaß der Gewalt und die Brutalität der Täter, „die selbst vor der Einschüchterung kleiner Kinder nicht zurückschrecken“. Auch unter den eingewanderten Minderheiten gebe es Probleme mit Rassismus und Antisemitismus, so Kolat weiter. „Jede Bürgerin und jeder Bürger sollte angemessen und deutlich dort eingreifen, wo es zu rassistischen und antisemitischen Beleidigungen und tätlichen Angriffen kommt!“, erklärte die Senatorin.

(abendblat.de/epd/dpa)