Noch vor elf Monaten war Michael Fischer Landtagskandidat für die NPD. Inzwischen ist der Freund der Olympia-Ruderin Nadja Drygalla nach eigenen Angaben aus der rechtsextremen Partei ausgetreten. Doch seine Aktivitäten nach diesem Schritt werfen weiter Fragen auf.

Berlin. Der Freund der Olympia-Ruderin Nadja Drygalla hat sich nach eigenen Angaben vom Rechtsextremismus losgesagt. Er sei bereits im Mai aus der NPD ausgetreten, erklärte Michael Fischer am Montag im Telefon-Interview der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit Aussagen seiner Partnerin. Zweifel an seiner Abkehr von rechtsextremen Haltungen konnte der frühere Landtagskandidat der NPD in Mecklenburg-Vorpommern aber nicht vollständig ausräumen.

Er sei vor den Olympischen Spielen in London „den Schritt gegangen, mit der Sache abzuschließen, dass ich Neonazi bin. Ich bin aus der Partei ausgetreten und hatte auch so keinen großartigen Kontakt mehr zu Leuten, die damit zu tun hatten“, sagte der

24-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Er hatte im vergangenen Jahr für die rechtsextreme NPD bei der Landtagswahl kandidiert.

Stefan Köster, Landesvorsitzender der NPD in Mecklenburg- Vorpommern, bestätigte, dass Fischer die Partei Ende Mai verlassen habe. Er sei überzeugt davon, dass Fischer „wegen seiner politischen Haltung verfolgt worden sei und nun vor den Verfolgern eingeknickt ist“, sagte Köster. In einer Mitteilung hatte die NPD noch am Freitag von einer Beziehung Drygallas zu „einem nationalen Aktivisten“ geschrieben.

Diese Vorgehensweise sei „ein ungewöhnlicher Umgang mit Aussteigern, die normalerweise sehr unsanft behandelt und bedroht werden. Das bleibt hier aus“, sagte Julian Barlen, Projektleiter von Endstation Rechts, einer Initiative der Jungsozialistinnen und Jungsozialisten in der SPD Mecklenburg-Vorpommern. „Die Aussagen von Michael Fischer nehmen wir zur Kenntnis. Er hat jetzt die ultimative Gelegenheit seinen Worten auch Taten folgen zu lassen.“

Drygalla war nach einem Gespräch mit der deutschen Teamleitung über ihre Beziehung zu Fischer von den Olympischen Spielen abgereist. Am Sonntag hatte sich die Athletin mit deutlichen Worten von der rechten Szene distanziert. Fischer war früher selber Leistungssportler und hatte bei der Junioren-WM 2006 mit dem deutschen Achter die Silbermedaille gewonnen.

Die Folgen seiner Taten in der rechten Szene habe er für sich selbst bewusst in Kauf genommen, erklärte Fischer. „Daher würde ich nicht sagen, dass ich das bereue. Aber ich habe insbesondere Nadja nie einen Gefallen getan, insofern wäre es besser gewesen, wenn ich es nie gemacht hätte.“

Der frühere Ruderer behauptete, dass er jetzt auch „gar keine Rolle“ bei den Nationalen Sozialisten Rostocks (NSR) spiele. Die Gruppierung ist im aktuellen Verfassungsschutzbericht 2010 von Mecklenburg-Vorpommern als neonazistisch eingestuft. Im NSR habe es keine Chefrolle gegeben, sagte Fischer. „Das wurde unter den Leuten ausdiskutiert.“

Die Kontakte in die rechte Szene waren mit dem Austritt aber nicht vollends abgerissen. Am 16. Juni 2012 hatte Fischer noch einen Artikel auf dem Portal mupinfo.de verfasst. Die Seite ist auf den stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden David Petereit registriert. „Im Nachhinein sieht das doof aus“, sagte Fischer. „Aber es war ein schleichender Prozess: Ich habe mich ja nicht an einem Tag hingestellt und gesagt: Jungs, ich trete aus der Partei aus, ab jetzt seht ihr mich nicht mehr.“ In Zukunft wolle er nicht mehr für die Seite schreiben.

Zudem fotografierte Fischer das Bild einer Frau in einem T-Shirt mit rassistischem „White Power“-Aufdruck und veröffentlichte es am

23. Mai bei Facebook. Dies sei nur „auf privater Basis“ auf Anfrage geschehen, meinte der 24 Jahre alte Student. „Da habe ich mir keinen Kopf drüber gemacht, dass das als politische Tat aufgefasst wird.“ Negative Reaktionen aus der rechten Szene auf seinen NPD-Austritt erwartet Fischer selbst nur im Internet. „Aber grundsätzlich befürchte ich hier oben in der Region gar nichts“, sagte er.

Soziologe: Neonazis rekrutieren oft Nachwuchs aus Sportvereinen

Kleine Sportvereine auf dem Land bleiben nach Einschätzung des Sport-Soziologen Gunter Pilz ein Angriffspunkt für die Beeinflussung durch Neonazis. Diese Mini-Clubs seien am empfindlichsten, weil heute kaum jemand ein Ehrenamt übernehmen wolle, sagte der Wissenschaftler der Nachrichtenagentur dapd. Auf die politische Gesinnung eines freiwillig Engagierten schaue dann anfänglich niemand. Pilz kritisierte eine Gleichgültigkeit, die in manchen Vereinen vorherrscht. „Die denken dann: Sie machen Sport, und Sport sei unpolitisch. Aber das ist ein Denkfehler“, sagte der 67-Jährige, der den Deutschen Fußball-Bund (DFB) und andere Verbände im Umgang mit Rechtsextremisten berät.

Die Präsenz von Neonazis im Sport wurde zuletzt durch die Affäre um die Rostocker Ruderin Nadja Drygalla deutlich. Nachdem ihre Liaison mit dem früheren NPD-Mitglied Michael Fischer, ebenfalls ein Ruderer, bekannt geworden war, reiste die 23-Jährige von den Olympischen Spielen ab. Ihre Wettbewerbe waren zu diesem Zeitpunkt schon beendet.