Jedes vierte Herz, jede dritte Leber und jede zweite Bauchspeicheldrüse wird per „beschleunigten Vermittlungsverfahren“ direkt von den Kliniken an selbst ausgesuchte Patienten verteilt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an den Abgeordneten Harald Terpe (Grüne) hervorgeht

Berlin. Zahlreiche Spenderorgane werden in Deutschland an der offiziellen Warteliste vorbei vergeben. Jedes vierte Herz, jede dritte Leber und jede zweite Bauchspeicheldrüse wird per „beschleunigten Vermittlungsverfahren“ direkt von den Kliniken an selbst ausgesuchte Patienten verteilt, wie aus einer Antwort der Bundesregierung an den Abgeordneten Harald Terpe (Grüne) hervorgeht. 2002 hat der Anteil dieses sogenannten beschleunigten Vermittlungsverfahrens bei Herz, Leber und Bauchspeicheldrüse bei weniger als zehn Prozent gelegen.

Das „beschleunigte Verfahren“ soll nach den Vergaberegeln der Bundesärztekammer für die Vermittlung der Organe älterer oder kranker Spender angewendet werden, für die es nur wenige geeignete Empfänger gibt. Das Gesundheitsministerium erklärt die gestiegene Zahl der direkten Vergabe mit einem Anstieg des Durchschnittsalters der Spender.

Experten haben jedoch immer wieder den Verdacht geäußert, bei diesem Verfahren würden Organe „kränker“ dargestellt, um das bestehende System der Organverteilung zu unterlaufen, wie die „Frankfurter Rundschau“ (Dienstagausgabe) schreibt. Terpe, dem die Bundesregierung bereits im Juni auf seine Anfrage geantwortet hatte, nannte die Zahlen erklärungsbedürftig. Das Verfahren müsse transparent gemacht und von einer unabhängigen Einrichtung evaluiert werden. „Nach den Ereignissen in Göttingen und Regensburg müssen wir alles tun, um sicherzugehen, dass nicht auch an anderer Stelle manipuliert wird“, sagte er der Zeitung.

Ein Oberarzt, der an den Universitätskliniken beider Städte gearbeitet hat, soll Krankenakten manipuliert haben, um Patienten auf der Warteliste für Spenderorgane ganz vorn zu platzieren.

(dapd)