Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) gibt die Pläne zu und sagt: Es war alles legal. Auch Kanzlerin Merkel soll als Umweltministerin Atomrisiken verheimlicht haben.

Gorleben/Berlin/Hamburg. Schock für die Atomkraftgegner: Der Salzstock in Gorleben ist möglicherweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit bereits als Endlager für hoch radioaktiven Atommüll vorbereitet worden. Die Anlagen seien für eine mögliche spätere Nutzung als Endlager ausgelegt worden, falls der Salzstock sich dafür als geeignet erweise, teilte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mit. Die Schächte sowie die Größe der Salzhalde und der Gebäude seien bereits im Hinblick auf eine mögliche spätere Endlager-Nutzung geplant worden. Bislang gibt es aber keinen Nachweis oder einen offiziellen Beschluss, dass der Salzstock im Kreis Lüchow-Dannenberg tatsächlich als Endlager für hoch radioaktiven Müll aus deutschen Atomkraftwerken geeignet ist. Das Bundesamt für Strahlenschutz betonte, der Umfang des Ausbaus in Gorleben sei genehmigt und von Gericht bereits 1990 für zulässig erklärt worden.

In der Großen Koalition in Berlin herrscht seit langem Streit, ob auch alternative Standorte zu Gorleben gesucht werden sollen. Das BfS spricht sich dafür aus, weitere Standorte für ein Atom-Endlager zu erkunden. Dies wäre mit einem geringeren Aufwand als in Gorleben machbar. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) fordert den Vergleich mehrerer Standorte. Die Union lehnt den Vorstoß aber ab. Atomkraftgegner sehen ihre Befürchtungen bestätigt, dass ohne ihr Wissen längst ein Endlager errichtet worden sei. Sie riefen für diesen Freitag zu Protesten vor dem Salzstock in Gorleben auf.

Das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter wollte aber nicht davon sprechen, dass der Salzstock offenbar illegal zu einem Atomendlager ausgebaut wurde. Das hatte die „Frankfurter Rundschau“ unter Berufung auf ein Papier der Behörde berichtet. Darin heiße es, die Kosten für die Untersuchung des Salzstockes auf seine Eignung als Endlager seien seit Mitte der achtziger Jahre auch deswegen so hoch gewesen, „weil parallel zur Erkundung bereits der Ausbau zum Endlager begonnen wurde“. Eine solche Stellungnahme mit den zitierten Äußerungen gebe es nicht, betonte das BfS. Der Umfang des Ausbaus sei durch das Bergrecht genehmigt gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe dies 1990 auch für zulässig erklärt. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg kritisierte, bisher hätten Behörden und Regierungsparteien stets erklärt, in Gorleben werde nur erkundet. „Die Erkundungslüge ist aufgeflogen.“

Unterdessen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Ärger wegen ihrer Zeit als Bundesumweltministerin (1994 bis 1998). Sie soll die Risiken bei der Einlagerung von Atommüll ignoriert haben. Dies berichtet das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ unter Berufung auf ein Dokument des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) aus dem Jahr 1996. Darin warnen Wissenschaftler das damals von Merkel geführte Ministerium ausdrücklich vor der unterirdischen Einlagerung von Atommüll und einer daraus resultierenden radioaktiven Verseuchung der regionalen Wasserwerke. Merkel informierte die Öffentlichkeit laut „Kontraste“ damals nicht. Vielmehr habe sie angeordnet, „weiterhin kostengünstig Atommüll aus Westreaktoren ins Endlager Morsleben in Sachsen-Anhalt zu verkippen“. Dort herrschen ähnliche Zustände wie in dem einsturzgefährdeten Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel.

Die Bundeskanzlerin wollte auf Nachfrage von „Kontraste“ zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen. Mit den Skandalen im Lager Asse wird sich ab Juni ein Untersuchungsausschuss des niedersächsischen Landtags beschäftigen. Der designierte Obmann der Grünen, Fraktionschef Stefan Wenzel, kündigte an, dort als Zeugin auch Merkel vorladen zu lassen.