„Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten“, sagte Draghi am Donnerstag auf einer Investorenkonferenz in London. „Und glauben Sie mir, das wird ausreichen.“ Sollten hohe Risikoaufschläge für Staatsanleihen von Krisenländern die Wirkung der Geldpolitik stören, „fällt das in unser Mandat“.

London. EZB-Präsident Mario Draghi nährt die Hoffnung auf ein stärkeres Eingreifen der Europäischen Zentralbank im Kampf gegen die Schuldenkrise. „Innerhalb unseres Mandats ist die EZB bereit, alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten“, sagte Draghi am Donnerstag auf einer Investorenkonferenz in London. „Und glauben Sie mir, das wird ausreichen.“ Sollten hohe Risikoaufschläge für Staatsanleihen von Krisenländern die Wirkung der Geldpolitik stören, „fällt das in unser Mandat“. Anleger und Experten spekulieren darauf, dass die EZB nun wieder Staatsanleihen von Krisenstaaten wie Spanien und Italien kauft und so deren extrem hohe Zinskosten drückt.

Draghi erhielt für seinen Vorstoß umgehend Beifall vom französischen Finanzminister Pierre Moscovici, der die Äußerungen als „sehr positiv“ bezeichnete. An den Märkten wurde das Vorpreschen des obersten Währungshüters gefeiert: Der Euro-Kurs zog deshalb kräftig an, die europäischen Aktienmärkte bauten ihre Gewinne aus. Die Renditen der spanischen und italienischen Anleihen lagen mit 7,026 und 6,064 Prozent jeweils etwa einen halben Punkt unter ihren Rekordhochs vom Vortag.

„Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen, dass die EZB ihr Zögern und damit die Marktpanik beendet“, sagte Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank. „Wird sie wieder am Bondmarkt aktiv, dann kauft sie Krisenländern wie Spanien und Italien die Zeit, die sie für die Umsetzung ihrer Reformen brauchen.“ Das sehen andere Experten ähnlich. „Das ist wohl der Versuch, die Beschränkungen für den direkten Kauf von Staatsanleihen zu umgehen“, sagte Analyst Marc Ostwald von Monument Securities.

Der EZB ist die direkte Staatsfinanzierung nach ihren Statuten verboten. Das tat sie aber bis Jahresanfang indirekt, indem sie Staatsanleihen im Wert von mehr als 200 Milliarden Euro am Markt erwarb und so die Kreditkosten der Krisenländer drückte. Auch wegen dieser unkonventionellen Maßnahmen hatten Bundesbankchef Axel Weber und EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark ihren Hut genommen.

Seit vielen Wochen ruht das Kaufprogramm. Da die Zinsen von Italien und Spanien inzwischen auf Rekordhöhen gestiegen sind, wächst aber der Druck auf die EZB, wieder aktiv zu werden. Draghi dürfte bei einer Wiederaufnahme auf Widerstand aus Deutschland und anderen Kernländern stoßen. Nach den Worten des Chefs der niederländischen Zentralbank, Klaas Knot, befindet sich das Kaufprogramm „im Tiefschlaf und wird es auch bleiben“.

Draghis Vorstoß „legt die Vermutung nahe, dass er die deutschen Mitglieder im EZB-Rat entweder davon überzeugt hat, dass es Zeit ist für eine verbale Intervention oder dass er einen Showdown im Rat riskiert, der mehrheitlich hinter ihm steht“, sagte Ökonom Riccardo Barbiere von Mizuho. Deutschland ist durch EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen und Bundesbankpräsident Jens Weidmann in dem 23-köpfigen Gremium vertreten.

Draghi dürfte die Kritiker mit dem Hinweis zu überzeugen versuchen, dass die Geldpolitik der EZB wegen der Schuldenkrise verpufft. Weder die Zinssenkung auf das Rekordtief von 0,75 Prozent noch die riesigen Finanzspritzen für die Banken haben die Panik an den Märkten, die Gefahr einer Kreditklemme in den Krisenstaaten und den Konjunkturabschwung verhindern können. Ein Grund dafür ist, dass die Kurse von Staatsanleihen von Krisenstaaten abgerutscht sind und die Bilanzen vieler Banken verhageln. Diese halten sich deshalb mit der Kreditvergabe zurück. Mit dem Kauf dieser Papiere könnte die EZB zumindest für eine Verschnaufpause sorgen.

Zudem erreicht die Krise zunehmen die Kernländer. Die Ratingagentur Moody’s droht Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg mit dem Verlust der Spitzenbonitätsnote AAA wegen der Belastungen durch die Eurokrise. Auch die Konjunktur leidet: Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft ist so schlecht wie seit März 2010 nicht mehr.

(Reuters)