Wieder sollen Fotos rechtswidrig an die Krankenkasse weitergegeben worden sein. Datenschützer und Kritiker sind aufgeschreckt.

Hamburg. Nach dem Abendblatt-Bericht über möglicherweise rechtswidrig weitergegebene Fotos für die neue elektronische Gesundheitskarte haben sich weitere Betroffene gemeldet. So sagte ein Versicherter einer Hamburger Betriebskrankenkasse, auch er habe eine e-Card mit einem Foto zugeschickt bekommen, das er weder eingesandt noch hochgeladen habe. Er habe sich gewundert, woher seine Krankenkasse das Foto habe, das auch seinen Ausweis ziert. Der Mann konnte glaubhaft versichern, dass niemand sonst in seiner Familie den Kontakt zu seiner Krankenkasse hält.

Datenschützer und Kritiker der elektronischen Gesundheitskarte sind nun aufgeschreckt, weil die Karte wegen des Fotos besonders sicher sein sollte. Denn damit sollte der Missbrauch, der durch die Weitergabe und den illegalen Verkauf von Krankenkassenkarten jedes Jahr einen Millionenschaden verursacht, bekämpft werden. Wenn nun schon die Weitergabe von Versichertenfotos offenbar schwere Verstöße gegen geltendes Datenschutzrecht mit sich bringt, scheint der Nutzen des milliardenschweren Kartenprojekts zweifelhaft.

Wie das Hamburger Abendblatt berichtete, hatte auch ein Versicherter der AOK Nordwest eine der neuen Fotokarten zugeschickt bekommen, obwohl weder er noch Familienmitglieder ein Foto eingesandt oder ins Internet hochgeladen hatten. Es handele sich um das biometrische Passfoto, das er für seinen neuen Personalausweis anfertigen ließ, sagte der 21-Jährige dem Abendblatt. Er mutmaßt, dass das Bezirksamt das Bild an die AOK weitergegeben hat. „Das wäre rechtswidrig und ein Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen“, sagte der stellvertretende Hamburger Datenschutzbeauftragte Hans-Joachim Menzel dem Abendblatt.

Die AOK Nordwest kann sich den Fall nicht erklären. In Hamburg wird die elektronische Gesundheitskarte erst deutlich später eingeführt als in anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, wo auch Testregionen für die Karte waren. Erst im kommenden Jahr schreiben die meisten Kassen ihre Versicherten an und bitten um ein Foto. Bei den meisten Kassen kann man es im Internet hochladen, andere bieten einen Fotoservice auch in ihren Geschäftsstellen an. Schon bis Ende dieses Jahres sollen 7 Millionen von 70 Millionen gesetzlich Versicherten die elektronische Gesundheitskarte haben.

Hamburger Ärzte protestieren nach wie vor gegen die Karte. Sie fürchten längere Wartezeiten für Patienten, weil das Auslesen der Karten online mühsam sei. Außerdem beklagen sie, dass der Datenschutz nicht wie versprochen gewährleistet sei. Kartenbefürworter versprechen sich große Vorteile von vernetzten Diagnosen und Behandlungen. Außerdem würden mit der Karte und späteren Online-Fallakten Doppeluntersuchungen und Fehler vermieden. Die Hausärztin Dr. Silke Lüder aus Hamburg-Bergedorf, eine engagierte Kartengegnerin und Vertreterin der Ärzte in der Kassenärztlichen Vereinigung, sagte: „Ärzte und Patienten werden getäuscht.“ Die Gesundheitskarte bringe keinen medizinischen Nutzen. Niemand könne die sensiblen Patientendaten, die in einem zentralen Servernetzwerk lägen, vor einem unberechtigten Zugriff sichern.“