Der ehemalige griechische Ministerpräsident Papandreou fordert eine grüne Wachstumsrevolution. Die Grünen wollen mehr Europa.

Kiel. Die Grünen haben im immer dramatischeren Kampf gegen die Euro-Krise eindringlich ein rasches politisches Zusammenrücken der Europäischen Union gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warfen sie auf ihrem Parteitag in Kiel eine Verschärfung der Krise durch unverantwortlichen Zickzackkurs vor. Der ehemalige griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou forderte als Gastredner eine grüne Wachstumsrevolution. Parteichefin Claudia Roth untermauerte mit scharfen Angriffen auf Schwarz-Gelb den Regierungsanspruch der Grünen.

"Wenn Europa ein Kreuzfahrtschiff wäre, dann würden wir längst alle kotzend an der Reling hängen, weil Frau Merkel das Ruder jede Woche herumreißt in eine andere Richtung“, sagte Co-Parteichef Cem Özdemir am Freitagabend zu den rund 750 Delegierten. "Die Bundeskanzlerin hat in dieser Europadebatte so ziemlich alles schon mal falsch gesagt und falsch gemacht, was man falsch machen kann.“

Ödzemir forderte eine gemeinsame Steuerpolitik, insbesondere eine gemeinsame Grundlage bei der Körperschaftssteuer und ein Austrocknen von Steuerparadiesen. Schuldenländer wie Griechenland dürften nicht fallengelassen werden. Grünes Wachstum und Investitionsmöglichkeiten - etwa in Solarenergie in Griechenland – sei eine Voraussetzung für die Lösung der Krise. Auf der anderen Seite müsse auch in Deutschland Schuldenabbau Vorrang haben.

Papandreou forderte ebenso wie die Grünen eine Vergemeinschaftung der Schulden in Eurobonds. Als Ausweg aus der Schuldenkrise und des Klimawandels gleichermaßen sei eine "grüne Wachstumsrevolution“ nötig.

"Europa ist auf den Trümmern des Faschismus errichtet worden“, mahnte Özdemir. Klar müsse sein, dass eine antifaschistische Gemeinschaft nötig sei. "Wir wollen ein offenes Europa.“

In Anträgen, deren Verabschiedung am späten Abend als unstrittig galt, fordern die Grünen eine Stärkung des Europaparlaments und eine Aufwertung der EU-Kommission zur Wirtschaftsregierung. Kommissions- und EU-Ratspräsident sollten in einem Amt zusammengeführt und direkt gewählt werden. Ein Europäischer Konvent müsse die verfassungsmäßigen Grundlagen schaffen. Ziel sei eine "immer tiefere politische Integration“.

Gegen die immer dramatischer werdende Schuldenkrise sollen laut Grünen eine Schuldenbremse für Banken helfen, eine Trennung des Investmentbanking von den Geschäftsbanken und eine Finanztransaktionssteuer.

Roth warf Union und FDP Versagen angesichts der großen Krisen vor: "Noch nie zuvor sind bürgerliche, sind christliche, sind liberale Werte so verlottert wie unter Merkel, Seehofer, Westerwelle und Co.“ Sie sagte: "Noch nie wurde so schamlos der Staat als Beute genutzt, um die eigene Klientel zu bedienen.“ Die Grünen wollten 2013 an die Regierung.

Im Kampf gegen den Rechtsextremismus forderte Roth einen neuen Anlauf für ein NPD-Verbot. Hier habe sie ihre Meinung geändert. "Da ist Trauer, da ist Entsetzen, da ist Wut über menschenverachtende Gewalt“, sagte sie. "Der Naziterror ist ein politisches Erdbeben.“

Auch in der Klimapolitik hielt Roth der Regierung ein Scheitern vor. Angesichts des ins Monströse gewachsenen CO2-Ausstoßes zeige die Regierung unverantwortliche Ignoranz. Für Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) seien Energieeinsparziele reine Planwirtschaft. An Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) richtete Roth die Forderung, das Atommülllager Gorleben unverzüglich aufzugeben: "Stoppen Sie den Schwarzbau in Gorleben.“ (abendblatt.de/dpa)