Ministerpräsident Papandreou will die Griechen über die Zukunft des Landes entscheiden lassen. Der Dax verlor zeitweise fünf Prozent.

Athen. Europa steht erneut vor einem Wendepunkt. Galt das politische Sorgenkind Griechenland zwar noch nicht als geheilt, aber zumindest vorläufig versorgt, schockiert Ministerpräsident Giorgos Papandreou Europa jetzt mit der Ankündigung, die griechische Bevölkerung selbst über die Zukunft des Landes entscheiden zu lassen. Die Reaktionen kommen prompt. Lesen Sie die aktuelle Entwicklung hier im Liveticker.

+++ Alles auf Null: Papandreou will Volksentscheid über Europa +++

15.42 Uhr: Die neu aufgeflammte Griechenland-Krise soll auf einem Sonder-Spitzentreffen an diesem Mittwoch in Cannes vor dem G20-Gipfel besprochen werden. Das teilte die Bundesregierung am Dienstag in Berlin mit. Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in einem Telefonat die Lage erörtert. Wie die Regierung am Dienstag mitteilte, soll bereits am Abend eine Konsultationsrunde mit den europäischen Institutionen und dem IWF stattfinden. Außerdem ist ein Treffen mit der griechischen Regierung geplant, um „alle erforderlichen Maßnahmen zur umgehenden Umsetzung der am 27. Oktober in Brüssel geschlossenen Vereinbarung zu treffen“, hieß es weiter.

15.40 Uhr: Die politische Spitze der EU hat dem griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou nach dessen Entscheidung für eine Volksabstimmung über die Euro-Rettung ihr Vertrauen bekundet. „Wir nehmen die Entscheidung der griechischen Stellen, eine Volksabstimmung durchzuführen, zur Kenntnis“, heißt es in einer am Dienstag in Brüssel veröffentlichten Stellungnahme von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

15.08 Uhr: Unter den Abgeordneten der sozialistischen Partei von Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou wird der Ruf nach vorgezogenen Neuwahlen lauter. Mit der Parlamentarierin Eva Kaili sprach sich nun das zweite Fraktionsmitglied dafür aus. Zugleich forderte Kaili am Dienstag wie bereits ihr Kollege Vasso Papandreou die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit. Damit stellten sich die beide gegen den Ministerpräsidenten Papandreou, der am Montag ein Referendum über die Beschlüsse des EU-Gipfels zum Hilfspaket für sein Land angekündigt hatte. Kaili schrieb in einem Brief an den Ministerpräsidenten, nötig sei nun ein allgemein akzeptierter Regierungschef, um das Rettungspaket zu sichern. „Es versteht sich von selbst, dass Pläne für ein Referendum sofort aufgegeben werden“, heißt es in dem Schreiben.

14.55 Uhr: Die mit voller Wucht wieder aufgeflammte Griechenland-Krise hat am Dienstag die Finanzmärkte schwer erschüttert. Der deutsche Leitindex Dax stürzte in der Spitze am frühen Nachmittag mehr als sechs Prozent ab – auf rund 5762 Punkte. Damit steuert der deutsche Aktienmarkt auf den heftigsten Tagesverlust seit November 2008 zu. Ähnlich heftig fiel der Verlust am „Schwarzen Donnerstag“ am 18. August 2011 aus (minus 5,82 Prozent). Alle 30 Dax-Titel waren in der Verlustzone. Am heftigsten traf es wiederum Bankaktien: Titel der Commerzbank und der Deutschen Bank verloren mehr als elf Prozent.

14.33 Uhr: Die Grünen haben Griechenlands Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou wegen des angekündigten Referendums Mut bescheinigt. „Mit dieser Abstimmung geht Griechenland und geht auch Europa in eine Phase großer Risiken“, sagte Fraktionschef Jürgen Trittin am Dienstag in Berlin. Papandreou beweise aber auch Mut beim Versuch, die Bevölkerung von der Notwendigkeit zu überzeugen, Griechenland zu reformieren. Ein neues Griechenland-Paket werde nur dann von der griechischen Bevölkerung akzeptiert, wenn klar sei, dass das Land dadurch wirtschaftlich und sozial wieder auf die Beine kommen soll – „und nicht nur darum, stumpf bei Pensionen und Gehältern zu sparen“. Das Gebot der Stunde sei es, die Zukunft für die normale griechische Bevölkerung zu entwickeln.

13.47 Uhr: Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou geht nach den Worten von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mit dem geplanten Referendum einen "riskanten, aber mutigen Weg“. Papandreou habe mit seinen Reformen dafür gesorgt, dass sein Land wieder auf die Beine komme, sagte Steinmeier am Dienstag in Berlin. Er hoffe, dass die griechische Bevölkerung bereit sei, diesen Kurs weiter zu unterstützen. An die Bundesregierung appellierte er, Einfluss auf die konservative Opposition in Athen zu nehmen.

13.12 Uhr: Die griechische Regierungsmehrheit im Parlament ist von drei auf zwei Sitze geschrumpft. Eine Abgeordnete der regierenden Sozialisten von Giorgos Papandreou erklärte sich in einem Schreiben an den Parlamentspräsidenten zu einer unabhängigen Abgeordneten.

12.55 Uhr: Die Euro-Schuldenkrise hat die Aktienmärkte nach der Ankündigung eines Referendums in Griechenland über den unpopulären Sanierungskurs eingebrechen lassen. Der Dax rutschte am Mittag um 4,30 Prozent ab auf 5877 Punkte. Seit seinem 12-Wochen-Hoch am Freitag hat der deutsche Leitindex damit knapp neun Prozent eingebüßt.

12.48 Uhr: Die deutschen Privatbanken haben beunruhigt auf den Vorstoß des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou reagiert, sein Volk in einem Referendum über die Euro-Finanzhilfen abstimmen zu lassen. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandesdeutscher Banken, Michael Kemmer, sagte am Dienstag in Berlin, die Finanzmärkte seien erheblich verunsichert: "Wichtige Detailplanungen im Nachgang des Euro-Gipfels werden nun verzögert, schlimmstenfalls auf Eis gelegt.“

11.50 Uhr: Die griechische Opposition hat den Vorschlag eines Referendums über das europäische Hilfspaket zurückgewiesen und fordert vorgezogene Wahlen. "Wahlen sind eine nationale Notwendigkeit“, sagte der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras am Dienstag nach Beratungen mit dem griechischen Präsidenten Karolos Papoulias.

11.33 Uhr: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel werden sich wegen des überraschend angekündigten griechischen Referendums über die Euro-Rettungsbeschlüsse beraten. Das Präsidialamt in Paris teilte heute mit, am Mittag sei ein Telefonat der beiden Politiker geplant. Einen Kommentar zur Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou lehnte das Präsidialamt ab.

10.45 Uhr: Schwedens Außenminister Carl Bildt hat kein Verständnis für das in Griechenland angekündigte Referendum zum EU-Hilfspaket. Er schrieb in der Nacht zum Dienstag in einer Twitter-Mitteilung: "Es gelingt mir wirklich nicht zu verstehen, worüber Griechenland ein Referendum haben will. Gibt es denn echte Optionen?“

10.20 Uhr: Die Volksabstimmung in Griechenland über das neue internationale Rettungspaket wird nach Einschätzung des finnischen Europaministers Alexander Stubb auch ein Referendum über die Mitgliedschaft in der Euro-Zone sein. "Die Situation ist so angespannt, dass es im Prinzip eine Abstimmung über die Euro-Mitgliedschaft wäre“, sagte Stubb in einem Fernsehinterview dem Sender MTV3 am Dienstag.

10.02 Uhr: Nach der Ankündigung eines Referendums in Griechenland über die internationalen Hilfen ist der Risikoaufschlag für Staatsanleihen des ebenfalls hoch verschuldeten Euro-Landes Italien auf einen Rekordstand gestiegen. Der Aufschlag richtungsweisender zehnjähriger italienischer Staatspapiere zu deutschen Titeln kletterte am Dienstag im Vormittagshandel auf bis zu 4,34 Prozentpunkte. Er lag damit so hoch wie noch nie seit Einführung des Euro an den Finanzmärkten im Jahr 1999.

9.45 Uhr: Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle schließt einen Staatsbankrott Griechenlands bei einem Nein der Bevölkerung zum Rettungspaket nicht aus. "Wenn Griechenland Nein sagt zur Bekämpfung seiner Strukturschwächen, zur Anpassung in der Wettbewerbsfrage, zum Reformprozess, dann wird es meines Erachtens zu einem Staatsbankrott kommen", sagte Brüderle am Dienstag im Deutschlandfunk. In diesem Fall werde es kaum noch Spielraum geben. Den Schritt des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou bezeichnete Brüderle als "merkwürdiges Vorgehen".

+++ Akropolis, der einzig krisenfreie Ort Griechenlands +++

9.18 Uhr: Am deutschen Aktienmarkt hat das angekündigte Referendum in Griechenland über die Beschlüsse des EU-Gipfels für Entsetzen gesorgt. Am Dienstagmorgen verloren Finanzwerte bis zu zehn Prozent. Eine Volksabstimmung könnte verhindern, dass die Schuldenvereinbarung mit privaten Investoren wie geplant zustande kommt. Der Dax stand gegen 9.15 Uhr mit einem Minus von 3,4 Prozent bei 5.932 Punkten.


+++ Einigung rückt näher: Die Aufstockung des Krisenfonds +++