Die Regierung hat die Grenzwerte für Kinder heraufgesetzt. Ärzte befürchten höhere Zahlen von Krebs-Erkrankungen und Leukämie.

Berlin. Die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW (Ärzte gegen den Atomkrieg) und die Gesellschaft für Strahlenschutz werfen Japans Behörden eine Verharmlosung der Strahlengefahr nach der Fukushima-Katastrophe vor. Fünf Monate nach der Havarie des Kernkraftwerks werde die Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung weiter kleingeredet und verschleiert. Es sei unverantwortbar, dass die Regierung für Kindergarten- und Schulkinder in den betroffenen Regionen den Grenzwert auf 20 Millisievert (mSv) pro Jahr angehoben habe, sagte Kinderarzt Winfried Eisenberg von der Organisation Ärzte gegen den Atomkrieg in Berlin.

In der Regel liege der entsprechende Dosisgrenzwert bei einem Millisievert pro Jahr. Kinder seien wegen der viel höheren Zellteilungsfrequenz Heranwachsender aber um ein Vielfaches strahlensensibler als Erwachsene. 20 Millisievert gelten den Angaben zufolge in den meisten Staaten als Obergrenze für Mitarbeiter von Atomanlagen. IPPNW rechnet in den kommenden Jahren mit einer starken Zunahme insbesondere von Schilddrüsenkrebs und Leukämie.

Der Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz, Sebastian Pflugbeil, warf der Fukushima-Betreiberfirma Tepco und der japanischen Regierung vor, entweder „nicht in der Lage oder willens zu sein“, der Bevölkerung „vernünftige Informationen zu liefern“. Er kündigte an, den Aufbau unabhängiger Strahlenmessstellen in Japan finanziell zu unterstützen. Die Erste dieser unabhängigen Messstellen in Bürgerhand hat den Angaben zufolge vor wenigen Tagen ihre Arbeit aufgenommen. Die Messstelle der Initiative „Citizens’ Radioactivity Measuring Station“ (CRMS) befindet sich in der Stadt Fukushima, die etwa 60 Kilometer von dem havarierten Atomkraftwerk entfernt liegt.

CRMS-Vorstand Wataru Iwata kritisierte die Messungen von Behörden und Tepco als unzureichend. Zwar hätten erste unabhängige Messergebnisse keine großen Unterschiede ergeben. Die offiziellen Messungen erfolgten aber nur kurzzeitig und zu selten. Zudem würden Grenzwertüberschreitungen verschleiert.

Auch CRMS-Vorstandsmitglied Aya Marumori beschrieb die Situation als ernst. „Die Behörden verkünden immer noch, dass die Strahlung kein Problem für unsere Gesundheit sei.“ Symptome wie Schwellungen an der Schilddrüse, Nasenbluten, Durchfall, Husten, Asthma und dergleichen seien schon aufgetreten. Insgesamt sind 47 unabhängige Messstellen in Japan geplant. (epd)