Ein 16-jähriger Demonstrant wurde offenbar zuhause verhaftet. Russland überrascht mit Andeutungen zu Syrien im Sicherheitsrat.

Damaskus/New York/Brüssel. Das Regime in Syrien verfolgt offensichtlich auch Jugendliche, die sich an Demonstrationen beteiligen. „Ein 16-Jähriger wurde von Zuhause geholt und verhaftet, weil er demonstriert hat“, sagte ein in Deutschland lebender Syrer der Nachrichtenagentur dpa. Bei dem 16-Jährigen handele es sich um den Sohn eines Cousins, sagte der 70-Jährige, der aus Angst vor Repressionen gegen seine Angehörigen in Syrien anonym bleiben wollte. Unter den Toten der jüngsten brutalen Militäroffensive sei auch ein zweijähriges Mädchen gewesen. Etliche seiner Verwandten seien verhaftet worden, sagte der Mann. Dennoch ließen sich die Menschen nicht einschüchtern. Trotz militärischer Angriffe und Verhaftungen und Tötungen werde es weiter Demonstrationen geben. „Die Angst ist ein bisschen weg“, sagte der Syrer.

Die Demonstranten lehnten jedoch eine ausländische Intervention wie etwa in Libyen ab. Stattdessen sollte der politische und wirtschaftliche Druck auf die Regierung in Damaskus deutlich erhöht werden, sagte der Mann, der seit 42 Jahren in Deutschland lebt.

Das Ausmaß der Gewalt in Syrien könnte im Uno-Sicherheitsrat die bisherigen Unterstützer der Regierung doch zum Handeln zwingen. Diplomaten gehen davon aus, dass eine Reaktion des Sicherheitsrates auf die blutigen Ausschreitungen des Regimes nicht länger unmöglich ist. Bislang zögerliche Delegationen zeigten sich in der von Deutschland beantragten Sondersitzung des Rates aufgeschlossener, ein gemeinsames Signal zu senden. Eine entsprechende Resolution gegen Syriens Regierung war bislang am Widerstand der Veto-Länder Russland und China gescheitert.

Die Vetomacht Russland hat Bereitschaft zu einem gemeinsamen Dokument im Weltsicherheitsrat angedeutet. „Sollte dies ein Text sein, der für das syrische Volk nützlich ist, so werden wir flexibel sein.“ Das sagte der russische Uno-Botschafter Witali Tschurkin in New York nach Angaben Moskauer Medien. So sei eine Erklärung des indischen Sicherheitsratsvorsitzenden möglich. Zugleich kritisierte Tschurkin die Regierungsgegner in Syrien und nahm den umstrittenen Präsidenten Baschar al-Assad in Schutz. „In einer Situation, in der die Opposition zu Gewalt greift, ist es sehr schwer, Reformen durchzuführen“, sagte Moskaus Uno-Botschafter. Er forderte beide Seiten auf, die Kämpfe einzustellen und Verhandlungen aufzunehmen.

Vor neuen Beratungen des Sicherheitsrates hat Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) für die Verhängung von Sanktionen gegen das syrische Regime plädiert. Möglichst viele Staaten sollten sich diesen anschließen, sagte Niebel. „Mit Sicherheit ist es auch von großer Bedeutung, dass sich die arabischen Staaten an Sanktionen beteiligen, um den Diktator (Baschar al-Assad) in die Schranken zu weisen.“

Das brutale „Vorgehen des Präsidenten gegen die Bevölkerung, die normale Bürgerrechte fordert“ sei nicht zu akzeptieren, betonte Niebel. Er verwies darauf, dass Deutschland bereits die staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Syrien beendet habe. Auf Antrag Deutschlands will der Uno-Sicherheitsrat an diesem Dienstagabend in New York zusammenkommen, um über die Lage in Syrien zu beraten.

Die Europäische Union plant derweil keinen geschlossenen Rückzug ihrer Botschafter aus Syrien. „Es gibt derzeit keine allgemeine Entscheidung, die Botschafter zurückzurufen“, sagte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton vor Journalisten in Brüssel. Der Leiter der EU-Vertretung in Damaskus werde „dort bleiben, um weiterhin die Lage zu beobachten“. Zu der von Italien mitgeteilten Rückberufung des Botschafters sagte der Sprecher: „Das ist eine Entscheidung der Mitgliedstaaten.“ (dpa/abendblatt.de)