Eine Reihe von Forderungen der ägyptischen Revolution sind noch unerfüllt. Denn die Generäle an der Macht sperren sich gegen zu weitgehende Reformen

Kairo. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und gewalttätigen Sympathisanten der ägyptischen Militärführung sind in Kairo fast 300 Menschen verletzt worden. Tausende Menschen wurden in der Nacht zum Sonntag mit Gewalt daran gehindert, vor das Verteidigungsministerium zu ziehen.

Vor dem Sitz des Militärrates, der seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak am 11. Februar das Land regiert, hätten sie ihren Unmut über die Verschleppung der Polizei- und Justizreformen durch die Generäle ausdrücken wollen, berichteten Medien und Augenzeugen. Tausende Demonstranten setzten am Sonntag ihren Protest auf dem Tahrir-Platz in Kairo fort.

Der Protestzug vom Sonnabendabend wurde auf dem Weg zum Verteidigungsministerium an der christlichen Abbasija-Kathedrale von Soldaten mit Warnschüssen aufgehalten. Daraufhin stürzten sich von der Armee aufgehetzte Anwohner des Viertels und Kleinkriminelle mit Brandsätzen, Messern und Stöcken auf die Demonstranten, wie Augenzeugen berichteten. Die hinter den Stacheldrahtabsperrungen postierten Armeeverbände griffen in das Geschehen nicht ein.

296 Menschen wurden laut Gesundheitsministerium verletzt, 196 von ihnen in Krankenhäusern ambulant behandelt. Nach Angaben von Augenzeugen und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurde außerdem der Blogger und Aktivist Amr Gharbeia von Männern in Zivil verschleppt. Sein Aufenthaltsort blieb zunächst unbekannt.

Die Bürgerrechtsgruppen vom Tahrir-Platz und mehrere linke und liberale Parteien forderten in einer gemeinsamen Erklärung eine Untersuchung des Vorfalls. Die Tatenlosigkeit der Sicherheitskräfte während der Mob-Angriffe auf die Demonstranten lege „den Verdacht nahe, dass sie (die Sicherheitskräfte) darin verstrickt sind“.

Vor zwei Wochen sind jene Aktivisten-Gruppen, die am Sturz Mubaraks maßgeblich beteiligt gewesen waren, wieder auf den Tahrir-Platz zurückgekehrt. Der Ort im Herzen Kairos war auch im Januar und Februar das Epizentrum des Umsturzes. Mit dem neuerlichen Protest wollen sie ihre Kritik darüber zum Ausdruck bringen, dass der Militärrat die Reform der Sicherheitskräfte und die Prozesse gegen Angehörige des Mubarak-Regimes absichtlich verschleppe.

Kern ihrer Kritik sind der seit Jahrzehnten geltende Ausnahmezustand und die Aburteilung von Zivilisten durch Militärgerichte. Auch die Misshandlung und Folterung von Bürgern seit dem Umsturz würden nicht ernsthaft untersucht, bemängeln sie.

Sieben Tote bei Selbstmordanschlag im Südjemen

Ein Selbstmordattentäter ist in der südjemenitischen Hafenstadt Aden mit seinem Wagen in einen Militärkonvoi gerast und hat sich dabei selbst in die Luft gesprengt. Er riss sechs Menschen mit in den Tod, 20 weitere wurden verletzt, berichtete die Webseite yemenpost.net. Der angegriffene Truppenverband hatte am Sonntag gerade die Luftwaffenbasis in Aden verlassen, um sich auf den Weg in die benachbarte Unruheprovinz Abjan zu machen.

Die südliche Provinz und ihre Hauptstadt Sindschibar werden teilweise von militanten Islamisten kontrolliert, die mehr oder weniger dem jemenitischen Al-Kaida-Netz angehören sollen. Der Kampf gegen die militanten Islamisten in diesem Landesteil wird derzeit durch den Machtkampf erschwert, der das Land im Süden der arabischen Halbinsel lähmt. Eine Massenbewegung von Bürgern verlangt den Rücktritt des seit 33 Jahren herrschenden Präsidenten Ali Abdullah Salih.

Der umstrittene Staatschef liegt seit einem Bombenattentat vor sechs Wochen gegen ihn in Saudi-Arabien im Krankenhaus, weigert sich aber weiterhin, die Macht aus der Hand zu geben. Kritiker werfen ihm vor, die militanten Islamisten insgeheim gewähren zu lassen, um die eigene Unersetzbarkeit im „Krieg gegen den Terror“ zu unterstreichen. (dpa/abendblatt.de)