Assad sprach in einer Fernsehrede von einem Massaker an seinen Soldaten. Die Berichte von Augenzeugen hören sich aber ganz anders an.

Damaskus/Kairo. Er ist ein Meister im Verdrehen der Tatsachen: Während syrische Soldaten ganze Städte in Schutt und Asche legen, weil die Bewohner Flüchtlinge mit Essen versorgt haben, spricht Syriens Präsident Baschar al-Assad von Massakern an seinen Sicherheitskräften. Nach Angaben von Menschenrechtlern sind bislang 1300 Zivilisten getötet und 10.000 verhaftet worden - laut Assad ist das alles die Schuld der Demonstranten. Die Regimegegner zerstörten Eigentum des Volkes und stifteten Chaos, sagte er in einer lange erwarteten Ansprache.

Assad, der zur religiösen Minderheit der Alawiten gehört, behauptete, die Demonstranten seien Extremisten, die sich moderne Waffen und Kommunikationsgeräte beschafft hätten. In der Ortschaft Dschisr al-Schughur hätten sie ein „Massaker“ an den Sicherheitskräften verübt. Ein zweites „Massaker“ in der Nähe der Stadt Maarat al-Noaman habe die Armee verhindern können.

Assad gehört einer alawitischen Familie an, die den syrischen Staat schon seit 40 Jahren dominiert. Er hat sein Amt von Präsident Hafis al-Assad mehr oder weniger geerbt. Die Partei seines Vaters ernannte ihn direkt nach dessen Tod im Sommer 2000 zu seinem Nachfolger. Etliche Verwandte des Präsidenten sitzen an den Schaltstellen der Macht:

MAHER AL-ASSAD, der jüngere Bruder des Präsidenten, hat die am besten ausgerüstete Brigade der syrischen Armee und die Republikanische Garde unter sich. Er gilt als aufbrausend und skrupellos und soll bei der blutigen Niederschlagung der Proteste das Kommando führen.

ASSEF SCHAWKAT ist der Ehemann von Buschra al-Assad, der einzigen Schwester des Präsidenten. Er hatte Buschra gegen den Willen ihres Vaters geheiratet. Später nahm ihn Präsident Hafis al-Assad (1930-2000) trotzdem in den Schoß der Familie auf. Schawkat machte Karriere im Geheimdienst und ist heute Vize-Kommandeur der Armee. Er steht im Verdacht, an dem Anschlag auf den früheren libanesischen Regierungschef Rafik Hariri beteiligt gewesen zu sein. Sein Verhältnis zu Maher al-Assad soll nicht ohne Spannungen sein.

RAMI MACHLUF ist ein Cousin von Präsident Assad. Dank seiner Familienbande konnte Machluf das größte Firmenimperium Syriens aufbauen. Der Opposition gilt er als Symbolfigur für Vetternwirtschaft und eine ungerechte Privatisierungspolitik.

HAFIS MACHLUF bekleidet eine führende Position in der Geheimdienstzentrale in Damaskus. Er und sein Bruder Rami sind Neffen von Anisa Machluf, der Ehefrau des verstorbenen Präsidenten Hafis al-Assad. Hafis Machluf und seine beiden jüngeren Brüder, die Zwillinge Ihab und Ijad, sollen geholfen haben, die Angriffe auf Demonstranten zu planen.

DHU AL-HIMMA SCHALISCH ist mitverantwortlich für die Sicherheit des Präsidenten. Er ist der Sohn einer Tante von Präsident Assad. Die US-Regierung verhängte wegen mutmaßlicher Waffenlieferungen in den Irak Sanktionen gegen ihn.

RIFAAT AL-ASSAD ist ein jüngerer Bruder von Hafis al-Assad. Er lebt in Europa im Exil und rechnet sich selbst zur Opposition. Die meisten Oppositionellen wollen mit ihm jedoch nichts zu tun haben, da er die Kritiker von Assad senior einst genauso mit Gewalt niedergemacht hatte, wie dies heute Maher al-Assad tut.

Die First Lady, ASMA Al-ASSAD, hatte im Ausland in den vergangenen Jahren recht erfolgreich das Bild des „modernen Syriens“ verkauft. Seit Beginn der Proteste gegen das Regime ist sie von der Bildfläche verschwunden.