Sonntagsruhe, Bildung, Werte – Ministerpräsidentin Kraft steht zur Kirche. Vor dem Kirchentag: Göring-Eckardt erwartet Antworten vom Papst.

Dresden/Düsseldorf. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) setzt zur Bewältigung aktueller Probleme verstärkt auf die christlichen Kirchen. „Für die künftige Entwicklung der Gesellschaft hoffe ich auf eine stärkere Rolle der Kirchen als bisher“, sagte sie in Düsseldorf vor Vertretern evangelischer und katholischer Medien. Kraft kündigte an, die Landesregierung werde sich entschieden für den Erhalt der Sonntagsruhe und der kirchlichen Feiertage einsetzen, auch der „stillen“ Feiertage wie Karfreitag. „In unserer hektischen Gesellschaft, in der durch die Technisierung vieles verloren gegangen ist, brauchen wir Ruhe und Zeit zum Nachdenken und zur Besinnung“, betonte Kraft.

Der nordrhein-westfälische Grünen-Parteichef Sven Lehmann hatte eine Lockerung der gesetzlichen Feiertagsruhe am Karfreitag gefordert, die Unterhaltungsveranstaltungen untersagt. Eine tragende Rolle spielen die Kirchen nach Krafts Einschätzung auch bei der Bildung. Dazu gehöre nicht nur die Vermittlung von Wissen, wichtig seien vielmehr auch die Weitergabe von Werten und die Entwicklung der Persönlichkeit. „Ich möchte keine Gesellschaft ohne Kirche und religiöse Bildung“, erklärte die Düsseldorfer Regierungschefin. In Schule und Studium seien Freiräume für Sport und ehrenamtliches Engagement nötig.

In die Entwicklung eines Ganztagsschulsystems will Kraft Vereine, Verbände und Kirchen einbeziehen. Die Landesregierung werde außerdem weiter dafür sorgen, dass Zeiten für den Konfirmations- und Kommunionsunterricht frei gehalten würden.

Auch die CDU warnt davor, die Stellung der Kirche in der Gesellschaft in Frage zu stellen. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte kurz vor Beginn des Evangelischen Kirchentags in Dresden, die Christdemokraten würden sich solchen Bestrebungen mit aller Kraft entgegenstellen. Die CDU stehe für den Schutz der christlichen Feiertage, für christliche Symbole im öffentlichen Raum und die Beibehaltung der Rechte der Kirchen als Arbeitgeber ein. Die Kirchen seien weiterhin eine prägende Kraft der Gesellschaft.

Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt sieht den am Mittwochabend beginnenden Kirchentag auch als „ökumenisches Fest“. Dazu würden „viele katholische Geschwister“ erwartet, sagte Göring-Eckardt im Südwestrundfunk (SWR). Zugleich äußerte sie die Hoffnung, dass beim Papst-Besuch im September deutlicher werde, welches Bild der Vatikan von den Protestanten habe.

Bei ihrer Audienz beim Papst am vergangenen Montag in Rom habe sie nicht herausfinden können, ob Benedikt XVI. noch wie zu seinen Kardinalszeiten der Ansicht sei, dass die Evangelischen keine „Kirche im eigentlichen Sinne“ darstellten. Der damalige Kardinal Ratzinger hatte das vor elf Jahren in einem Schreiben formuliert. Göring-Eckardt sagte, möglicherweise würden die Gespräche des Papstes mit der EKD-Spitze im September in Erfurt klarer werden lassen, wie beide Kirchen auf ihrem ökumenischen Weg weiter kommen wollten.

In Dresden wird am Abend der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag mit mehreren Gottesdiensten im Freien eröffnet. Erwartet werden dazu rund 300.000 Menschen. Göring-Eckhardt ist zugleich Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Fünf Tage dauert das Glaubensfest. Bei etwa 2350 Veranstaltungen geht es um aktuelle gesellschaftliche Fragen wie den Atomausstieg oder die Integration von Zuwanderern , um die Umbrüche im arabischen Raum, aber auch um den Glauben, die Ökumene oder das gesellschaftliche Miteinander. Zur Eröffnung des Kirchentags wird Bundespräsident Christian Wulff in Dresden erwartet. (epd/dpa)