Im afghanisch- pakistanischen Grenzgebiet griffen Taliban einen pakistanischen Kontrollpunkt an, wobei fast 70 Menschen zu Tode kamen.

Kundus. Die Bundeswehr ist zum dritten Mal innerhalb weniger Tage in Afghanistan Ziel eines tödlichen Angriffs geworden. Dabei kam nach Angaben des Einsatzführungskommandos am Donnerstag ein Soldat ums Leben, fünf seiner Kameraden wurden zum Teil sehr schwer verletzt. Der Sprengstoffanschlag gegen Angehörige des Ausbildungsschutzbataillions Masar-i-Scharif sei gegen 07.24 Uhr deutscher Zeit in der Provinz Baghlan verübt worden. Verteidigungsminister Thomas de Maiziere verurteilte den Anschlag und bekräftigte, Deutschland stehe zu seinen internationalen Verpflichtungen. Im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet griffen Taliban einen pakistanischen Kontrollpunkt an, wobei fast 70 Menschen zu Tode kamen.

Die angegriffene Bundeswehreinheit hatte den Auftrag, eine Hauptverkehrsstraße nach Sprengfallen abzusuchen. „Sie wollten die Straße frei machen, damit die wirtschaftliche Entwicklung vorankommt. Genau das wollen die Taliban nicht“, sagte de Maiziere. Nach seinen Angaben ist einer der beiden Schwerverletzten in einem kritischen Zustand. De Maiziere bekräftigte den Einsatz am Hindukusch. „Der Gewalt dürfen wir nicht weichen“, sagte der CDU-Politiker am Rande des Evangelischen Kirchentags in Dresden. Das würde den Taliban in die Hände spielen, die in jüngster Zeit an Boden verloren hätten und die deshalb verstärkt zur Gewalt griffen.

Die angegriffene Kompanie sei durch Pioniere und Sanitäter verstärkt worden, teilte der Chef des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Rainer Glatz, in Schwielowsee bei Potsdam mit. Der gefallene Soldat und seine verwundeten Kameraden hätten zu den Sicherungskräften gehört. Ihr Schützenpanzer vom Typ „Marder“ sei bei dem Angriff angesprengt worden. Die fünf Verwundeten wurden mit Hubschraubern ausgeflogen.

Der Anschlag wurde 36 Kilometer südlich von Kundus verübt. Das Bataillon hat den Auftrag, den sogenannten Khandari-Gürtel zwischen Pul-i-Chumri und Aliabad zu halten und eine Rückkehr der Taliban zu verhindern. Afghanische, amerikanische und deutsche Soldaten hatten das Gebiet im Frühjahr eingenommen und nach Angaben der Bundeswehr von Aufständischen befreit.

Mit dem Anschlag bei Kundus wurden seit Mittwoch voriger Woche vier deutsche Soldaten im Einsatz getötet und zwölf Verwundet. Am Samstag kamen bei einem Angriff der Taliban auf ein Sicherheitstreffen mit afghanischen Vertretern ein Major und ein Hauptfeldwebel der Bundeswehr getötet worden. Der Chef der internationalen Schutztruppe für Nord-Afghanistan, General Markus Kneip, wurde bei dem Attentat verletzt. Am 25. Mai war ein deutscher Soldat bei einem Angriff auf seine Patrouille gefallen.

Die Bundeswehr werde den Anschlägen nicht nachgeben und ihrem Auftrag mit hoher Professionalität und ungebrochenem Engagement weiter fortsetzen, erklärte Glatz.

Grünen-Chefin Claudia Roth verurteilte den Anschlag ebenfalls, forderte als Konsequenz aber eine politische Debatte über die Offensiv-Strategie der Isaf in Afghanistan. Diese Strategie führe offenkundig nicht zu einer Stabilisierung Afghanistans. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle forderte verstärkten Schutz des deutschen Soldaten vor Sprengfallen.

Bei den schweren Kämpfen zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften in Pakistan kamen offiziellen Angaben zufolge an die 70 Menschen zu Tode. Etwa 200 Taliban hatten am Vortag einen Kontrollpunkt gestürmt. Daraus entwickelte sich ein Gefecht, das mehr als 24 Stunden dauerte. Unter den Toten seien

27 Polizisten und paramilitärische Sicherheitskräfte, wurde offiziell mitgeteilt. Zudem seien bis zu 40 Aufständische ums Leben gekommen. Seit der Tötung von Osama bin Laden haben die mit dessen Extremistennetzwerk Al-Kaida verbündeten Taliban ihre Angriffe auf Ziele in Pakistan verstärkt. Bin Laden war Anfang Mai von US-Spezialkräften in einer pakistanischen Garnisonsstadt getötet worden.(rtr/abendblatt.de)

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Ferngesteuerte Bomben töteten deutsche Soldaten

Der tödliche Anschlag auf ein Sicherheitstreffen in Talokan am vergangenen Sonnabend soll nach Angaben des afghanischen Geheimdienstes NDS (National Directorate of Security) mit ferngezündeten Bomben begangen worden sein. Das meldete der afghanische Sender TOLOnews. Bei dem Anschlag starben auch zwei deutsche Soldaten, sechs weitere, darunter der kommandierende General Markus Kneip, wurden verwundet. Der NDS-Sprecher Lotfullah Mashal sagte TOLOnews, der Anschlag, dem auch der prominente Polizeichef Mohammed Daud Daud und drei Afghanen zum Opfer fielen, sei „kein Selbstmordattentat gewesen“.

Zu diesem Ergebnis sei eine Kommission zur Untersuchung des Anschlags gekommen, die aus Vertretern des Geheimdienstes und des Innenministeriums bestehe, meldete TOLOnews weiter. Die Kommission sei von Kabul in die Tachar-Provinz gereist, um den Anschlag zu analysieren. Der NDS-Sprecher sagte laut TV-Sender, ferngezündete Bomben seien im Korridor des Gouverneurspalastes platziert worden. Wer das wie getan habe, werde nun ermittelt. Damit widerspricht der Geheimdienst bisherigen Auskünften afghanischer Stellen, die auch von der Bundeswehr wiedergegeben wurden. Demnach habe sich ein Selbstmordattentäter in einer Uniform direkt vor Polizeichef Daud Daud in die Luft gesprengt.

„Es hat sich allem Anschein nach nicht um einen Selbstmordattentäter gehandelt, sondern um einen ferngezündeten Sprengsatz in oder an einer Gebäudewand“, sagte ein Isaf-Sprecher in Masar-i-Scharif der Nachrichtenagentur dpa. „Die Feststellungen des afghanischen Geheimdienstes decken sich mit ersten Untersuchungsergebnissen von Isaf.“ Die bei dem Anschlag getöteten deutschen Soldaten und mehrere Verletzte werden nach Deutschland geflogen. Am Freitag wird in Hannover eine Trauerfeier für die beiden Toten und den drei Tage zuvor bei einem anderen Anschlag getöteten Soldaten abgehalten. Die Leichen der drei Gefallenen sollten am Montagabend in Deutschland eintreffen. Vier Verwundete des Anschlags werden Angaben der Bundeswehr zufolge am Dienstag zu umfassenden medizinischen Untersuchungen nach Deutschland verlegt. Darunter ist eine schwer verletzte Soldatin, deren Zustand die Bundeswehr als stabil beschreibt. Auch der verletzte Kommandeur der Internationalen Schutztruppe Isaf in Nordafghanistan, General Markus Kneip, wird nach Deutschland gebracht.

Kneip möchte nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch an der Trauerfeier am Freitag teilnehmen. Der General solle drei Wochen in Deutschland behandelt werden. Danach werde er nach derzeitiger Planung nach Afghanistan zurückkehren, sagte Ministeriumssprecher Christian Dienst. Brigadegeneral Dirk Backen, der seit Februar beim Isaf-Regionalkommando Nord tätig ist, werde Kneip bis zu dessen Rückkehr vertreten.

Der Verband der Reservisten der Bundeswehr sprach sich für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit einheimischen Sicherheitskräften aus. „Wir verfolgen mit unseren Bündnispartnern das Ziel, wieder Sicherheit in Afghanistan herzustellen. Das ist nur möglich, wenn wir am Prinzip der Zusammenarbeit festhalten und den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen“, sagte Verbandspräsident Gerd Höfer. Höfer sprach den Familien der gefallenen deutschen Soldaten sein tiefstes Mitgefühl aus. „Wir sind in Gedanken bei den Angehörigen“, sagte er. „Den Verwundeten wünschen wir eine rasche Genesung.“

Linke-Chefin Gesine Lötzsch sprach den Familien der deutschen und afghanischen Opfer ebenfalls ihr Mitgefühl aus. Sie bezeichnete die Opfer jedoch als „sinnlos“. „Der Kriegseinsatz in Afghanistan muss unverzüglich beendet werden“, sagte Lötzsch. „Viele Menschen leben schlechter als vor dem Krieg und Demokratie kann man nun einmal nicht herbeibomben.“

Ein Mann in Armeeuniform hat am Montag im Süden des Landes erneut einen Soldaten der Isaf erschossen. Nach Angaben der afghanischen Armee handelte es sich bei dem Opfer um einen Australier. Die Isaf teilte mit, der Vorfall werde untersucht. Der Kommandeur der afghanischen Armee in Südafghanistan, General Abdul Hamid Wardak, sagte, bei dem Angreifer in der Provinz Urusgan habe sich um einen Soldaten gehandelt, der anschließend geflohen sei. Taliban-Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, der Attentäter gehöre den Aufständischen an.

Bei einem Doppelanschlag in der westafghanischen Stadt Herat sind am Montag mindestens vier Menschen getötet worden. Ein Selbstmordangreifer sprengte sein mit Sprengstoff beladenes Auto im Eingangsbereich eines italienischen Militärstützpunktes in die Luft. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Rom wurden fünf italienische Soldaten verwundet, einer davon schwer. Die zweite Explosion ereignete sich auf einer belebten Kreuzung in der Innenstadt. (dapd/dpa)