Die Wahlen wurden von der Atompolitik und der Katastrophe in Fukushima überlagert. Über personelle Wechsel in Berlin wird spekuliert.

Hamburg/Berlin. Der historische Regierungswechsel in Baden-Württemberg und der fehlende Erfolg in Rheinland-Pfalz setzen die schwarz-gelbe Bundesregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Druck. Auch wenn Mappus der Kanzlerin dankte – die Atompolitik nach der Katastrophe von Fukushima, die Wende der Bundesregierung sowie die bundesweiten Proteste am Wahlwochenende haben den Grünen Auftrieb gegeben. Sie stellen vermutlich den Ministerpräsidenten im Südwesten und werden an der Regierung in Mainz beteiligt. SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht bereits eine „Kanzlerdämmerung“ gekommen. „Merkel wird die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zurücknehmen müssen, sagte Gabriel am Wahlabend. Ganz gleich, ob SPD oder Grüne die neue Regierung in Baden-Württemberg anführen werden, „dies wird eine große Regierung sein“.

Gabriel sagte weiter: „Hier beginnt jetzt der Ausstieg aus der Kernenergie.“ Der SPD-Chef betonte: „Die Wahlen waren eine Volksabstimmung gegen die Atomenergie.“ Darin war er im Prinzip mit FDP-Chef Guido Westerwelle einig. Aus Westerwelles Umfeld war jedoch schon zu hören, dass er im Amt bleiben wolle. Ob es eine Regierungsumbildung geben wird, ist noch unklar. Was mit Mappus wird, ist ebenfalls unsicher.

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Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) erwartet nach der sich abzeichnenden Wahlniederlage der CDU in Baden-Württemberg auch Konsequenzen für die Bundespolitik. „Das Regieren wird dadurch nicht leichter“, sagte Lieberknecht am Sonntag in Erfurt nach den ersten Hochrechnungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei aber nicht beschädigt. Sie bleibe die prägende Vorsitzende der Bundes-CDU. Die SPD stehe vor der strategischen Frage, ob sie erstmals unter Führung ihres bisherigen Juniorpartners mitregieren wolle.

FDP-Parteichef Guido Westerwelle sprach von einem „schweren Abend" für die Liberalen. Die Landespolitik habe keine oder kaum eine Rolle gespielt. Die Wahlen seien eine Abstimmung über die Zukunft der Atomkraft gewesen. „Wir hier in Berlin haben das verstanden." Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sagte: „Das ist kein guter Tag für Baden-Württemberg. Und trotzdem gilt in einer Demokratie, solch einen Tag zu ertragen." Weiter sagte er: „Deshalb gratuliere ich jenen, die die Regierungsverantwortung übernehmen werden.“ Es gehe für die CDU nun darum, eine gute Oppositionsarbeit zu machen. Mappus machte auch die Ereignisse in Japan für den Umschwung in den letzten Wochen verantwortlich.

Der designierte Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte unter dem Jubel seiner Anhänger: „Wir haben so etwas wie einen historischen Wahlsieg errungen." Er danke vor allem denjenigen, die die Grünen zum ersten Mal gewählt hätten. „Wir werden einen Politikwechsel einleiten und den Weg in die Bürgergesellschaft gehen." Kretschmann sagte, dieser Weg werde mit den Bürgern gegangen. Er sprach davon, das Land in eine grüne Richtung umzugestalten.

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael Fuchs hat scharfe Kritik am Kurs seiner Partei in der Atom- und Libyen-Frage geübt. Sicherlich liege die Hauptverantwortung für die Niederlage der Union bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg auf der Landesebene. „Aber die Wähler haben uns die Volten in den vergangenen 14 Tagen einfach nicht abgenommen“, sagte Fuchs der Nachrichtenagentur Reuters. Der CDU-Wirtschaftspolitiker bezeichnete es etwa als Fehler der Parteispitze, sich von dem gerade beschlossenen Energiekonzept zu entfernen.