Gefahr von Anschlägen bleibt bestehen, ist aber weniger akut. Die Polizeipräsenz wird in der Öffentlichkeit stark reduziert.

Berlin. Die Bundesregierung lockert die vor zweieinhalb Monaten ergriffenen Maßnahmen zum Schutz vor islamistischen Anschlägen. Eine neue Lagebeurteilung ermögliche es, die Präsenz von Polizei und Bundespolizei in der Öffentlichkeit zu verringern, kündigte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere am Dienstag in Berlin an. Die Gefahr von Anschlägen bleibe aber bestehen. „Eine Entwarnung kann ich also in absehbarer Zeit nicht in Aussicht stellen.“ In Sicherheitskreisen hieß es, die verdeckten Maßnahmen würden in unverminderter Intensität fortgesetzt.

Der Minister hatte sich am 17. November mit einer konkreten Anschlagswarnung an die Öffentlichkeit gewandt, nachdem Paktbomben aus dem Jemen entdeckt worden waren. Eine Bombe war in Deutschland auf dem Weg in die USA umgeladen worden. Danach habe es außerdem Erkenntnisse deutscher und ausländischer Dienste gegeben, nach denen um die Weihnachtstage und den Jahreswechsel ein Anschlag drohen könnte, sagte de Maiziere.

„Eine besondere Gefährdung für die Sicherheit in Deutschland wird nach abgestimmter Bewertung der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder in diesem Vorgang nun nicht mehr gesehen“, sagte der Minister. Allerdings bleiben Frachtflüge aus dem Jemen weiterhin verboten.

Auch die USA sehen offenkundig eine Entspannung der Sicherheitslage in Deutschland. Die Vereinigten Staaten hätten ihre am Montag abgelaufenen Reisehinweise für ihre Bürger nicht erneuert, hieß es in Sicherheitskreisen.

Noch am Dienstag sollte die Präsenz der Sicherheitsbehörden an Flughäfen und Bahnhöfen verringert werden. Auch sollten die Streifen nicht mehr Schusswesten tragen müssen und mit Maschinenpistolen bewaffnet sein, kündigte de Maiziere an. In den Händen der Länder liege es zu entscheiden, wann sie die Gegenwart der Polizei in der Öffentlichkeit zurückführen. Das Bundestags-Präsidium müsse bestimmen, ob die Polizeiabsperrungen um das Parlamentsgebäude aufgehoben und ob der Zugang zur Reichstagskuppel für Besucher wieder uneingeschränkt erlaubt werden sollte. Eine Sprecherin des Bundestages sagte, zunächst würden die Maßnahmen aufrecht erhalten.

In Sicherheitskreisen hieß es, die Präsenz von Polizei und Bundespolizei sei auch wegen Hinweisen auf einen Anschlag ähnlich dem im indischen Mumbai 2008 verschärft worden. Damals hatten mehrere Attentäter 166 Menschen in der indischen Finanzmetropole getötet. Die USA und Indien hätten darauf hingewiesen, dass möglicherweise ein Kommando auf dem Weg nach Deutschland sei. Diese Gefahr werde nun nicht mehr gesehen, unter anderem, weil es in den Warnungen geheißen habe, das Kommando wolle über Weihnachten oder zum Jahreswechsel zuschlagen und diese Terminen nun verstrichen seien.

Ein weiterer Grund für die verstärkte Präsenz der Polizei in der Öffentlichkeit seien Aussagen eines in den pakistanischen Stammesgebieten lebenden Informanten gewesen, es stehe ein Angriff auf das Reichstagsgebäude bevor. Versuche, diese Behauptungen zu untermauern, seien aber gescheitert. Zu dem Informanten bestehe kein Kontakt mehr.

„Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, ob unsere Maßnahmen einen Anschlag verhindert haben. Eine gute Wirkung hatten sie allemal“, sagte der CDU-Politiker. Er wies den Vorwurf zurück, mit der Warnung der Öffentlichkeit sei überreagiert worden: „Nein, ich halte meine Entscheidungen zum damaligen Zeitpunkt auch im Nachhinein für richtig.“