Von der Leyen will feste, Schröder flexible Quoten. Die EU macht bei der Frauenquote Druck, die Wirtschaft warnt. Jetzt soll ein Quoten-Gipfel helfen.

Berlin. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hält eine feste Frauenquote von 30 Prozent in Führungsgremien der deutschen Wirtschaft weiterhin für unverzichtbar. Es müsse „klar sein, dass die gesetzliche Vorgabe – die Schritte, die Zeitschiene – geklärt wird in diesem Jahr“, sagte sie im NDR. Sie ging damit erneut auf Gegenkurs zu ihrer Kabinettskollegin und Parteifreundin, Familienministerin Kristina Schröder. Diese strebt flexible Quoten an. „Wir sind im Augenblick, was Frauen in den Führungspositionen angeht, auf Höhe mit Indien, hinter Russland, hinter Brasilien, hinter China. Mit anderen Worten, es ist wirklich an der Zeit, dass sich in diesem Land auch etwas ändert“, sagte von der Leyen.

Eine feste Frauenquote von 30 Prozent ist nach ihrer Einschätzung angesichts des hohen Anteils gut ausgebildeter Frauen auch umsetzbar: Entweder freiwillig innerhalb von zwei Jahren oder gesetzlich vorgeschrieben bis 2018. „Das Wichtigste ist, diese Bewegung kommt aus der Mitte des Parlamentes. Die Gruppe der Frauen in der Union hat seit einem halben Jahr konsequent an diesem Thema gearbeitet, und sie haben inzwischen auch einen Stufenplan vorgelegt.“

Mehr Chefposten für Frauen – dieses Ziel hat sich die EU-Kommission für Europa gesetzt. „Ich stehe der Idee aufgeschlossen gegenüber, europaweit Frauenquoten einzuführen, beispielsweise in den Vorständen der großen börsennotierten Unternehmen“, sagte Binnenmarktkommissar Michel Barnier der „Süddeutschen Zeitung“. Dies sei nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern führe auch zu ausgewogeneren Entscheidungen. Seit Monaten macht die EU-Kommission den Konzernen Druck und droht der Wirtschaft mit einer Frauenquote. Die Schonfrist läuft bald aus, schon im April will die EU-Behörde einen konkreten Vorschlag machen.

Die zuständige EU-Justizkommissarin Viviane Reding hat bereits im vergangenen Herbst als Zielgröße einen Frauenanteil von 30 Prozent in Aufsichtsräten genannt, der bis 2015 erreicht sein sollte. Fünf Jahre später sollten es bereits 40 Prozent sein. Zum Vergleich: In Deutschland sind laut EU-Kommission nur 13 Prozent der Aufsichtsräte großer Dax-Unternehmen Frauen. In der Forschung soll künftig jede vierte Führungsposition mit einer Frau besetzt sein. „Wir müssen Frauen fördern, damit sie das erreichen, wozu sie fähig sind“, sagte Reding damals. „Ich glaube nicht, dass Selbstverpflichtungen ausreichen.“

Bereits im September 2020 hatte die EU-Kommission eine neue Fünfjahresstrategie beschlossen, die gleichen Lohn für gleiche Arbeit und mehr Frauen in den Chefetagen zum Ziel hat. Großen Konzernen drohte die Kommission bereits damals mit gesetzlichen Vorgaben, wenn die Industrie den Anteil der Frauen in Führungspositionen nicht selbst erhöht.

Die Kommission hat zugleich das Ziel, Frauen als Unternehmerinnen und Selbstständige zu unterstützen. Ihr Anteil von rund einem Drittel liege weit unter dem Potenzial. Auch für eine Angleichung des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen setzt sich die EU-Behörde ein. Deutschland landet mit einem Lohngefälle von 23,2 Prozent im EU-Vergleich auf dem viertletzten Platz. Als Grund für die Kluft bei den Gehältern gilt, dass Frauen vielfach in Teilzeit oder in schlecht bezahlten Berufen arbeiten und nach der Familiengründung einen Karriereknick hinnehmen müssen.

Eine verbindliche Frauenquote für die deutsche Wirtschaft hält der Bundesverband der Personalmanager (BPM) für falsch. In der Debatte über das richtige Konzept sprach sich der Verband für eine flexible Quote für Führungsgremien aus und mahnte zu mehr Realismus: „Während in einigen Branchen und Betrieben das Ziel von 30 Prozent Frauen in Führungspositionen durchaus in überschaubarer Zeit erreichbar erscheint, sind in anderen Bereichen vielleicht schon ein Bruchteil davon eine Zielgröße, die selbst in vielen Jahren nur mit größter Anstrengung realisiert werden kann“, sagte Verbandspräsident Joachim Sauer.

Familienministerin Schröder will ihre umstrittenen Pläne für eine flexible Frauenquote mit Spitzenmanagern abstimmen. „Wir planen, im März Vorstände von deutschen Unternehmen einzuladen und mit ihnen das zu diskutieren“, sagte Schröder in der ARD. Die Konzerne könnten dabei auch noch ihre Ideen einbringen, wie der Frauenanteil in Chefetagen erhöht werden könnte. Zugleich verteidigte Schröder ihren Vorschlag für eine flexible Frauenquote im Rahmen einer gesetzlichen Regelung: „Meine Lösung ist wirklich eine marktwirtschaftliche Lösung, eine Lösung, die auf den Wettbewerb zwischen den Unternehmen setzt und eben keine staatliche Einheitsquote quer über alle Branchen hinweg.“ In der Koalition ist eine gesetzliche Frauenquote höchst umstritten: FDP-Generalsekretär Christian Lindner und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) lehnen eine Regelung ab.