Demonstranten rufen bei Facebook zu neuer Protestwelle auf. Ägyptens Regierung zieht in Kairo Tausende Polizisten zusammen.

Kairo. Neuer Aufruf im Internet: Einen Tag nach der größten Demonstration gegen die ägyptische Regierung seit Jahren haben Aktivisten zu einer neuen Protestwelle aufgerufen. Im sozialen Netzwerk Facebook nannten die Organisatoren mehrere Orte in Kairo und anderen Städten, an denen sich Demonstranten versammeln sollten. „Ganz Ägypten muss sich bewegen, zu einem festen Zeitpunkt“, hieß es. Die Regierung brachte in Erwartung neuer Proteste Tausende Polizisten in der Hauptstadt in Stellung.

Wegen der Unruhen in Ägypten haben mehrere deutsche Reiseveranstalter Tagesausflüge vom Roten Meer nach Kairo abgesagt. Diese Vorsichtsmaßnahme gelten zunächst für einen Tag, hieß es bei den Anbietern Thomas Cook/Neckermann in Oberursel (Hessen) und FTI in München. Die Rewe-Pauschaltouristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg) hatte bereits am Dienstag keine Urlauber mehr in Ägyptens Hauptstadt gebracht, sagte eine Sprecherin in Köln. Kostenlose Umbuchungen und Stornierungen von Ägypten-Reisen bieten die Veranstalter aufgrund der jüngsten Unruhen nicht an. Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gibt es bislang nicht.

Die Hauptreiseziele in Ägypten liegen weit entfernt von Kairo in den Urlaubsgebieten am Roten Meer – Hurghada, Marsa Alam oder Sharm El-Sheikh auf der Sinai-Halbinsel. Und diese werden laut Deutschem ReiseVerband (DRV) so gut wie immer direkt angeflogen. Urlauber stellten zudem vor Ort fest, dass in Ägypten hohe Sicherheitsvorkehrungen herrschten, insbesondere auch in den Hotels, wo das Gepäck meist noch einmal durchgecheckt werde. Laut DRV reisen im Jahr 1,2 Millionen Deutsche nach Ägypten.

In Kairo bewachen die Beamten die Brücken über den Nil, große Straßenkreuzungen und Plätze, das Gebäude des staatlichen Fernsehens und den Sitz der regierenden Nationaldemokratischen Partei. Das Innenministerium erklärte in einer Stellungnahme, die Polizei werde keine Versammlungen, Märsche oder Proteste tolerieren. Offenbar wurden die Sicherheitskräfte angewiesen, bei ersten Anzeichen neuer Proteste umgehend Gewalt anzuwenden. Am Mittwoch blieb die Lage in der Hauptstadt zunächst ruhig.

Während der Proteste am Dienstag wurden bis zu 200 Demonstranten festgenommen. Aus Polizeikreisen verlautete am Mittwoch, die Zahl der Festnahmen werde wohl noch steigen, wenn die Beamten die Videoaufnahmen der Protestaktionen in Kairo ausgewertet hätten. Bei den Protesten waren zwei Demonstranten und ein Polizist getötet worden. Ein dritter Demonstrant erlag am Mittwoch seinen Verletzungen.

Die USA forderten die Regierung von Präsident Husni Mubarak und deren Kritiker zum Gewaltverzicht auf. Gleichzeitig sprach Außenministerin Hillary Clinton der Führung in Kairo ihr Vertrauen aus. Die Regierung von Präsident Mubarak sei stabil und tue ihr bestes, den Forderungen der Demonstranten entgegenzukommen, sagte Clinton in Washington. Das autoritäre Regime in Ägypten zählt zu den wichtigsten Verbündeten der USA in der arabischen Welt.

Die regierungskritischen Proteste in Ägypten spiegeln nach Ansicht der EU-Kommission den Wunsch der Bevölkerung nach einem „politischen Wechsel“ wider. Nach dem Sturz des Präsidenten in Tunesien seien die Ereignisse in Ägypten ein „Zeichen“ für die Hoffnungen vieler Menschen in dem Land, erklärte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Die Europäische Union verfolge die Entwicklungen aufmerksam.

Der ägyptische Aktienmarkt brach nach den Protesten um fünf Prozent ein. Der Index EGX30 fiel auf 6386,78 Punkte, das war der stärkste Einbruch seit Mai 2010. Seit Beginn dieses Jahres gab der Index damit schon um mehr als zehn Prozent nach.