Die Starken helfen den Schwachen, heißt der Leitsatz des Länderfinanzausgleichs. Nur: Die Zahl der Starken schrumpft weiter.

Stuttgart. Hamburg muss zahlen, Berlin kassiert am meisten. Und die Zahl der Geberländer im Länderfinanzausgleich wird immer kleiner: 2010 zahlten nach vorläufigen Berechnungen nur noch vier Länder ein, während die anderen zwölf kassierten.Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch aus dem Stuttgarter Finanzministerium. Nordrhein-Westfalen hatte 2009 noch zu den Gebern gehört. Größer Zahlmeister war 2010 erneut Bayern mit 3,49 Milliarden. Es folgen wieder Hessen mit 1,74 Milliarden und Baden-Württemberg mit 1,69 Milliarden Euro. Hamburg liefert mit 62 Millionen Euro einen kleinen Obolus ab. Das meiste Geld aus dem Finanzausgleich erhielt erneut Berlin mit 2,88 Milliarden Euro.

Die drei reichen Südländer Bayern, Hessen und Baden-Württemberg wollen das nicht mehr hinnehmen. Am kommenden Montag wollen die drei schwarz-gelben Regierungen bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung in Stuttgart zwei Professoren beauftragen, eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht vorzubereiten. Das geht aus dem Entwurf für die Kabinettsvorlage hervor, der der dpa vorlag. In der Vorlage heißt es: „Der Finanzausgleich ist leistungsfeindlich, ungerecht und erfüllt nicht seine Funktion als Hilfe zur Stärkung der Eigenständigkeit.“

NRW hatte 2009 noch 60,8 Millionen Euro abgeliefert, nun erhält das Land 358 Millionen Euro aus dem Finanzausgleich. Nach Berlin ist allerdings Sachsen mit 843 Millionen Euro der größte Profiteur. Es folgen Sachsen-Anhalt mit 491 Millionen Euro und Thüringen mit 466 Millionen Euro. Insgesamt wurden 6,98 Milliarden Euro umverteilt. Der Grundsatz des Finanzausgleich heißt: Die Starken helfen den Schwachen. Hauptziel des Systems ist laut Grundgesetz die „Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse“.

Bevor die drei großen Geberländer nach Karlsruhe ziehen, wollen sie aber Bund und Nehmerländern noch eine Chance geben, die Klage abzuwenden. „Sie fordern daher den Bund und die übrigen Länder auf, umgehend Gespräche mit dem Ziel einer verfassungsgemäßen Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs aufzunehmen“, heißt es in der Kabinettsvorlage. Doch die Aussicht, dass es zu solchen Gesprächen kommt, ist mager. Das Saarland und Rheinland-Pfalz haben sogar schon mit einer Gegenklage gedroht, sollten die Geberländer vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

In der Kabinettsvorlage heißt es denn auch im letzten Satz: „Sollte sich das Einvernehmen über die notwendigen Änderungen des Länderfinanzausgleichs nicht erreichen lassen, werden die drei Landesregierungen das Bundesverfassungsgericht anrufen.“ Die Rechtsprofessoren Christian Seiler aus Tübingen und Hanno Kube aus Mainz waren in separaten Gutachten zu der Auffassung gelangt, dass der Finanzausgleich verfassungswidrig ist. Die beiden Experten sollen nun auch die Klageschrift verfassen.

Zuletzt hatten die Geber 1999 in Karlsruhe einen Teilerfolg errungen: Seit 2005 gelten stärkere Leistungsanreize. Die erhoffte Wirkung blieb aber weitgehend aus. Problematisch ist das Transfersystem vor allem wegen der hohen Abschöpfung zusätzlicher Steuereinnahmen: Nimmt ein Geberland mehr Steuern ein, muss es einen Großteil davon an den Finanztopf zahlen. Ein Nehmerland wiederum bekommt weniger aus dem Ausgleich, wenn sein Steueraufkommen steigt. (dpa/abendblatt.de)