Außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung in den Hochburgen von Ministerpräsident Hashim Thaci. Er nennt sich bereits Wahlsieger.

Pristina/Belgrad. Die Wahlbeobachter der Europäischen Union haben sich besorgt über Betrugsvorwürfe im Kosovo gezeigt. Die CDU-Europaabgeordnete Doris Pack sprach in der Hauptstadt Pristina von „beunruhigenden Vorfällen“ und „ernsthaften Anschuldigungen“ der Opposition. Auch EU-Außenministerin Catherine Ashton und Erweiterungskommissar Stefan Füle riefen die Verantwortlichen auf, Beschwerden nachzugehen. Sie würdigten aber die „ruhige und geordnete Art, in welcher der Großteil der Wahl stattfand“.

Pack forderte, mögliche Urheber von Wahlbetrug vor Gericht zu stellen. Das Kosovo müsse „mit der Kultur der Straflosigkeit brechen“. Ministerpräsident Hashim Thaci hatte sich am Sonntag nach ersten Umfragen zum Wahlsieger erklärt. Die wichtigste Oppositionskraft, die Demokratische Liga (LDK) von Pristinas Bürgermeister Isa Mustafa, bestritt Thacis Sieg dagegen. Mit Skepsis sehen die EU-Beobachter die außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung von mehr als 90 Prozent in Thacis Hochburgen Srbica und Glogovac.

Ashton und Füle riefen die neue Regierung auf, so schnell wie möglich den Dialog mit der Regierung in Belgrad aufzunehmen. Für eine weitere Annäherung an die EU muss der Streit um die 2008 erklärte Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien gelöst werden. Auch fünf EU-Länder erkennen das Kosovo bisher nicht an. Dazu zählen neben Spanien auch Griechenland, die Slowakei, Rumänien und Zypern.

Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden. Die sozialdemokratische Partei PDK von Ministerpräsident Thaci verfügt vermutlich nicht über die absolute Mehrheit. Thaci muss nun auf mehrere kleinere Parteien zugehen, die bislang eine Koalition mit der PDK ausgeschlossen haben. Das überwiegend von Albanern bewohnte und verarmte Kosovo hatte sich 1999 einseitig von Serbien losgesagt und ist noch immer ein Protektorat der Vereinten Nationen. Mehr als zehn Jahre nach dem Kosovo-Krieg sind in dem Gebiet weiterhin ausländische Soldaten stationiert, darunter auch 1500 Deutsche.

Die PDK lag nach Angaben unabhängiger Gruppen mit 30,6 Prozent in Führung. Ihr folgte die rechtsgerichtete LDK mit 26,2 Prozent. Beide Parteien hatten bis Oktober die Regierung gebildet und sich dann miteinander überworfen. Überraschend stark schnitt die Bewegung für Selbstbestimmung ab, die für eine Vereinigung des Kosovo mit dem benachbarten Albanien eintritt. Sie erhielt Nachwahlbefragungen zufolge 16 Prozent. Da die LDK eine Rückkehr in die Regierung bislang ablehnt, könnte sich die Bewegung nun als Koalitionspartner anbieten. Sie fordert auch eine Reduzierung der internationalen Kontrolle über das Gebiet.