Unionsgeführte Bundesländer erhalten einen Ausgleich für den Atom-Deal. SPD will gegen die längeren Laufzeiten in Karlsruhe klagen.

Berlin. Die von CDU und CSU regierten Bundesländer haben grünes Licht für die umstrittene Brennelementesteuer gegeben, die an diesem Freitag den Bundesrat passieren soll. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte Reuters-TV, es habe eine Einigung über die von den Ländern befürchteten Einnahmeausfälle gegeben. Demnach habe der Bund Ausgleichszahlungen zugesagt. Die umstrittenen Atomgesetze können im Januar in Kraft treten, falls Bundespräsident Christian Wulff unterschreibt. Im Bundesrat wurde nicht die erforderliche absolute Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses erreicht, um die Regelung für längere Laufzeiten und die Atomsteuer zu verzögern. Neben den im Schnitt zwölf Jahre längeren Atomlaufzeiten sind bei der Endlagersuche auch wieder Enteignungen als letzter Weg möglich.

Die Bundesregierung will die Brennelementesteuer als Ausgleich für die längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke einführen . Sie erhofft sich davon jährliche Einnahmen von 2,3 Milliarden Euro, die jedoch nur dem Bund zugute kommen. Weil die Energiekonzerne ihre zusätzlichen Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzen können, fürchten Länder und Kommunen Steuerausfälle von 500 bis 600 Millionen Euro.

Unterdessen hat die neue Bundesratspräsidentin Hannelore Kraft (SPD) die Verlängerung der Atomlaufzeiten auch mit Blick auf die ungelöste Endlagerfrage als unverantwortlich bezeichnet. „Die Laufzeitverlängerung verschärft die Lagerproblematik“, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin im Bundesrat. Die Nachrichten über eine erhöhte Zahl von Krebserkrankungen im Umfeld des maroden Atommülllagers Asse zeigten , wie schwierig das Thema sei.

Der baden-württembergische Bundesratsminister Wolfgang Reinhart (CDU) betonte die Vorteile der Laufzeitverlängerung. Betreiber der Kernkraftwerke würden zum Ausbau der erneuerbaren Energien einen „wesentlichen finanziellen Beitrag“ leisten, sagte Reinhart. Es gebe eine Abschöpfung der Zusatzgewinne aus längeren Laufzeiten von „annähernd 60 Prozent“, das seien rund 30 Milliarden Euro. „Deshalb kann sicher nicht von einem Deal zugunsten der Unternehmen die Rede sein“, betonte der CDU-Politiker.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat politischen und juristischen Widerstand gegen die geplante Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke angekündigt. Ein solch weitreichender Beschluss auch für die nächsten Generationen dürfe nicht der Mitentscheidung des Bundesrats entzogen werden, sagte Beck in der Länderkammer. Er kündigte an, dass die SPD-geführten Länder „das Bundesverfassungsgericht anrufen werden , um die Beteiligung des Bundesrates zu erstreiten“. Die unionsregierten Länder wollen den Kurs der Bundesregierung hingegen stützen.

„Wir reden nicht über einen irgendeinen Interessenkonflikt (...), sondern über eine Frage, die von elementarster Bedeutung für die Sicherheit der Menschen und die Energiepolitik ist“, sagte Beck. Die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken bis ins Jahr 2040 sei „nicht moderat“, und sie mache Stadtwerke und erneuerbare Energien „zu Verlierern“. Beck sprach von einer „Wettbewerbsverzerrung par excellence“.