Heute beginnt die dreitägige Sparklausur des Senats. Wie das gigantische Haushaltsloch entstand und was jetzt dagegen getan werden soll.

Hamburg. Die Hansestadt steht vor den größten Spareinschnitten seit Jahren. Heute um 10 Uhr schließen sich die Türen des Bürgermeistersaals im Rathaus hinter dem schwarz-grünen Senat. Drei Tage lang wollen die Spitzen von CDU und GAL darüber beraten, wie sie die Ausgaben der Stadt um 510 Millionen Euro pro Jahr senken können. Wenn am Mittwoch oder Donnerstag die Ergebnisse verkündet werden, so viel ist jetzt schon klar, dürfte es in Teilen der Stadt einen Aufschrei geben.

Trotz der enormen Verschuldung Hamburgs von knapp 24 Milliarden Euro hat der Senat die jährlichen Ausgaben stetig gesteigert. Allein von 2005 bis 2010 um 1,5 Milliarden Euro. Das ging so lange gut, wie die Steuereinnahmen mithielten, 2007 und 2008 gab es sogar keine Neuverschuldung. Dennoch tat sich bereits in 2008, als Schwarz-Grün antrat, eine Schere auf: Während die Ausgaben um rekordverdächtige 650 Millionen Euro gesteigert, Hunderte neue Mitarbeiter eingestellt und viele neue Projekte angeschoben wurden, wurde die einsetzende Finanzkrise ignoriert. Als 2009 die Steuereinnahmen dramatisch einbrachen, steckte die Stadt in der Zwickmühle.

+++ Das ist die komplette Streichliste des Finanzsenators +++

Um ihre auch 2009 und 2010 weiter gesteigerten Ausgaben decken zu können, plant die Stadt für dieses Jahr eine Rekordneuverschuldung von knapp 2,2 Milliarden Euro. Innerhalb dieser Summe hat Finanzsenator Carsten Frigge (CDU) ein "strukturelles Defizit" von 510 Millionen Euro identifiziert. Soll heißen: Selbst wenn sich die Einnahmen wieder stabilisieren, sind die laufenden Ausgaben Jahr für Jahr gut eine halbe Milliarde Euro zu hoch.

Sicher ist, dass das Weihnachtsgeld für Beamte gekürzt oder ganz gestrichen wird - das spart 100 Millionen Euro pro Jahr. 50 Millionen Euro müssen die öffentlichen Unternehmen beisteuern. Weitere 100 Millionen soll durch Umbau und Verschlankung der Verwaltung eingespart werden. Da die dafür eingesetzte "Frigge-Kommission" ihr Ziel aber noch nicht ganz erreicht hat, wird ihre Arbeit nach der Sparklausur fortgesetzt. Dann wird eine Enquetekommission erörtern, wie man zu einer einstufigen Verwaltung kommen kann. Denn obwohl Hamburg eine Einheitskommune ist und die sieben Bezirke daher rechtlich nicht eigenständig sind, agieren die Bezirksämter und ihre politischen Vertretungen teilweise recht unabhängig. Um Doppelarbeiten und Kompetenzwirrwarr abzuschaffen, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder streicht man die zuständigen Abteilungen in den Fachbehörden oder degradiert die Bezirke zu Kundenzentren, also Befehlsempfängern der Behörden. Letzteres schwebt dem Finanzsenator vor, wobei die Entscheidung kaum vor der nächsten Wahl Anfang 2012 fällt.

Als größter Posten bleiben 260 Millionen Euro, die die Behörden einsparen müssen. 13 Millionen davon sollen die Bezirke erbringen, wobei die zwischenzeitlich geplante Schließung von Elternschulen und Mütterberatungen vom Tisch ist. Wahrscheinlich ist die Streichung der Wirtschaftsförderung in den Bezirken und des schulzahnärztlichen Dienstes.

Außerdem plant Frigge Einnahmeverbesserungen. So will er nach Abendblatt-Informationen die Zahl der Steuerfahnder um zehn Prozent auf 70 erhöhen, was fünf bis zehn Millionen Euro Mehreinnahmen bringen dürfte. Der Bezirkliche Ordnungsdienst (BOD) wird personell verstärkt, um mehr Knöllchen schreiben zu können (bringt 100 000 Euro). Außerdem wird wohl ein Vorschlag des Rechnungshofs aufgegriffen: Würde die Stadt 1200 Straßen auch offiziell als "fertiggestellt" deklarieren, könnten von den Anliegern Erschließungsbeiträge von 120 Millionen Euro eingefordert werden.