Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert ist in der engeren Auswahl der Kandidaten der Koalition. Jetzt hängt es vor allem an der FDP.

Berlin. Bei den Gesprächen der Koalitionsspitzen über die Nachfolge Horst Köhlers im Amt des Bundespräsidenten hat sich Arbeitsministerin Ursula von der Leyen als Favoritin herausgestellt. „Es gibt eine sehr starke Präferenz für von der Leyen im Kanzleramt“, sagten Koalitionskreise am Dienstag der Nachrichtenagentur DAPD.

Auch in der Union zeichne sich Zustimmung ab, hieß es weiter. Jetzt hänge es an der FDP, ob diese einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken wolle oder aber den Unions-Vorschlag unterstütze. Das Präsidium der Freidemokraten wollte am Abend zusammenkommen und darüber entscheiden. Das CSU-Präsidium will sich am (morgigen) Mittwoch festlegen, noch vor der Sitzung des Bundeskabinetts um 09.30 Uhr, wie es weiter hieß.

Nach Informationen der Nachrichtenagenrut dpa ist neben von der Leyen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) in der engsten Auswahl. Aber auch Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sei noch nicht aus dem Rennen, hieß es in Koalitionskreisen.

Für Lammert spreche seine souveräne Amtsführung und parteiübergreifende Anerkennung als Bundestagspräsident. Von der Leyen wird vor allem für ihre Familien- und Sozialpolitik über Parteigrenzen hinweg geschätzt und gilt als Frau mit großem Durchsetzungsvermögen. CDU-Vize Wulff ist in der Union ein starker Ministerpräsident ohne Wahlniederlagen.

Die am 8. Oktober 1958 in Brüssel geborene von der Leyen, die Tochter des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, hat eine schnelle politische Karriere hinter sich. Erst im September 2001 übernahm sie erstmals ein kommunalpolitisches Mandat für die CDU, wurde Ratsfrau und Chefin der CDU-Ratsfraktion in Sehnde, einer kleinen Nachbarstadt von Hannover. Eineinhalb Jahre später kandidierte die Mutter von sieben Kindern für den niedersächsischen Landtag und zog nach dem CDU-Wahlsieg gleich als Sozialministerin in das Landeskabinett ein. Nach weiteren gut eineinhalb Jahren saß die gelernte Ärztin schon im CDU-Präsidium. Im November 2005 wurde sie dann Familienministerin, seit dem Amtsantritt der schwarz-gelben Regierung ist sie Arbeitsministerin.

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Von der Leyen wollte sich zu den Spekulationen nicht äußern. Sie sagte in Berlin lediglich, es sei sehr wichtig, dass der künftige Präsident oder die künftige Präsidentin höchstes Vertrauen im gesamten Land genössen. Lammert ließ auf eine entsprechende Frage hin offen, ob er als Kandidat zur Verfügung stehe. Wulff will in Ruhe den Vorschlag aus Berlin abwarten. Das Amt des Bundespräsidenten eigne sich nicht für Spekulationen, sagte Wulff. Der Vorschlag werde von den Parteivorsitzenden der CDU, CSU und FDP verkündet. „Dann können alle in Begeisterungsstürme ausbrechen."

Die SPD will nach Angaben eines Parteisprechers nun die Kandidatensuche der Regierungsparteien abwarten. „Wir bedauern, dass Merkel nicht von vornherein eine breite überparteiliche Mehrheit sucht“, fügte der Sprecher hinzu. SPD-Chef Sigmar Gabriel kündigte im Deutschlandfunk an, einen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken zu wollen, wenn die schwarz-gelbe Koalition ihren Kandidaten ohne Absprache mit der Opposition nominiere. Auch die Grünen warben für einen parteiübergreifenden Kandidaten. Die Linke kündigte an, vorerst keinen eigenen Kandidaten für die Nachfolge Köhlers zu benennen.

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