1500 Soldaten erwiesen den vier getöteten Bundeswehr-Mitgliedern die letzte Ehre. Wann die Särge überführt werden können, ist noch unklar.

Masar-i-Scharif. 20 Fahnen wehen ständig am Ehrenmal für die gefallenen Soldaten im „Camp Marmal“ in Masar-i-Scharif. 18 Nationalflaggen der Internationalen Schutztruppe ISAF, die afghanische Fahne und die der NATO. Eine davon wird an diesem Sonntagnachmittag im ISAF-Hauptquartier für Nordafghanistan auf Halbmast gehisst. Es ist die deutsche Flagge, mit der auch die Särge bedeckt sind, die langsam mit Militärfahrzeugen in die Mitte des Appellplatzes vor dem Ehrenmal gefahren werden.

Soldaten mit schwarzen Armbinden tragen Bilder der vier Bundeswehrsoldaten, die am Donnerstag bei Kämpfen mit den radikal- islamischen Taliban in der Provinz Baghlan gefallen sind. Sie waren zwischen 24 und 38 Jahre alt. Insgesamt haben sich 700 Soldaten auf dem Appellplatz versammelt. Etwa 800 weitere bilden das Ehrenspalier bis zum Flugplatz. Der ISAF-Kommandeur für Nordafghanistan, Brigadegeneral Frank Leidenberger, beginnt seine Rede in Englisch.

Er findet klare Worte für das, was vor drei Tagen passiert ist. Die Anschläge seien von „schamlosen, feigen“ Männern verübt worden, sagte er. „Ihr Heiliger Krieg ist nichts anderes als Brutalität und Zerstörung, die der afghanischen Bevölkerung Leid bringen.“ Genauso deutlich wird Generalinspekteur Volker Wieker in seiner Rede. Er spricht von „menschenverachtender Skrupellosigkeit“ der Taliban. Man habe es mit einem Gegner zu tun, „der sich zum eigenen Schutz mit der zivilen Bevölkerung umgibt, dessen Kampfweise durch Anschlag, Hinterhalt und Sprengfalle bestimmt wird“.

Die vier Gefallenen erhalten bei der Trauerfeier posthum die Ehrenmedaille der Bundeswehr. „Von ihnen nehmen wir nun Abschied, als wäre es ein Stück von uns“, sagt Wieker. Von Masar-i-Scharif werden die Särge zunächst ins usbekische Termes gebracht. Wann es nach Deutschland weitergeht, ist angesichts der Vulkanwolke über Europa noch ungewiss. Die Soldaten in Afghanistan trauern zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen. Am Ostersonntag nahmen sie in Kundus und Masar-i-Scharif von drei Fallschirmjägern Abschied, die am Karfreitag in einen Hinterhalt der Taliban starben.

Lagerpastor Michael Weeke beschreibt die Stimmung im „Camp Marmal“ als „eine Mischung aus Niedergeschlagenheit, Trauer, sich Zurückziehen, aber auch Wut, betont Fröhlichsein“. Trotzdem sind die deutschen Soldaten weit davon entfernt, das Sterben von Kameraden als Normalität wahrzunehmen oder gar zu akzeptieren. „Bei einer solchen Nachricht ist die Truppe natürlich geschockt“, sagt Oberst Michael Matz, Kommandeur der sogenannten „Quick Reaction Force“ („schnelle Eingreiftruppe“), die ständig in gefährlichen Einsätzen unterwegs ist. „Die Truppe bricht aber nicht in sich zusammen.“

Diese Haltung hat auch Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei seinen Gesprächen mit den Soldaten während seiner Afghanistan-Reise erfahren. Für die Soldaten, die in die blutigen Gefechte vom Karfreitag verwickelt waren, gab es kaum eine Pause. 14 Mitglieder des Fallschirmjägerzuges, der in den Hinterhalt der Taliban geraten war, flogen zwar mit den Gefallenen nach Hause und nahmen an der Trauerfeier in Deutschland teil. Nach einer Woche waren sie aber schon wieder zurück in Kundus im Einsatz. „Wir nehmen Anteil, und machen dann in der gleichen Professionalität weiter“, sagt Oberst Matz.

Was die Soldaten allerdings beschäftigt, ist die Unterstützung aus der Heimat. Umfragen zeigen weiterhin, dass eine Mehrheit der Deutschen für den Abzug aus Afghanistan ist. Auch politische Forderungen aus der Opposition nach einem baldigen Ende des Einsatzes sorgen bei den Soldaten für Unmut. Bei der Trauerfeier in Masar-i-Scharif warnt Generalinspekteur Wieker am Sonntag vor einer Fortsetzung der innenpolitischen Debatte in Deutschland über den Sinn und die Dauer des Afghanistan-Einsatzes.

Die Taliban betrachteten es als „strategisches Ziel“, den Rückhalt der nach Afghanistan geschickten Soldaten in der Heimat sowie die Entschlossenheit von Regierung und Parlament zu beeinträchtigen. Der Gegner wolle „eine öffentliche Debatte in Deutschland, deren Dramaturgie er durch Zeit, Ort und Wahl der Mittel“ bestimmen könne. „Aber das dürfen und das werden wir nicht zulassen, um unserer Sicherheit und der afghanischen Bevölkerung Willen“, sagt Wieker.