Die Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornographie soll verpflichtend werden. Solche Sperren sind rechtlich jedoch umstritten.

Brüssel. Beim Kampf gegen Kinderpornografie im Internet streiten Deutschland und die EU über den richtigen Weg. Gerade erst kippte die Bundesregierung die geplanten Netzsperren, doch jetzt will die EU alle Mitgliedsstaaten zur Blockade kinderpornografischer Seiten im Web verpflichten. Den Entwurf für eine Richtlinie präsentierte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Montag in Brüssel. Die Bundesregierung lehnt Zugangssperren für Webseiten aber ab und setzt ausschließlich auf das Löschen der Seiten. Auch Netzaktivisten halten die EU-Vorschläge für wirkungslos.

Der Widerstand von deutscher Seite dürfte sich im April im Ministerrat der 27 Mitgliedsländer zeigen, der ebenso wie das Europaparlament dem Vorschlag zustimmen muss. Da der Rat aber mit Mehrheit entscheidet, könnte Deutschland überstimmt werden. Skandinavien, Großbritannien und Italien setzen Internetsperren bereits ein. „Ich weiß, dass wir die Unterstützung vieler Mitgliedsstaaten haben“, sagte Kommissarin Malmström.

EU-Staaten sollen Webseiten sperren

Konkret sieht der EU-Vorschlag vor, dass die Staaten den Zugang zu Webseiten mit Kinderpornografie blockieren müssen - auf welche Weise sie vorgehen, bleibt ihnen selbst überlassen. Denkbar sind freiwillige Sperrsysteme der Internetanbieter oder gesetzliche Vorschriften.

Der Entwurf will die Strafen für Sexualtäter verschärfen und nennt 22 Straftatbestände, die die Mitgliedsstaaten in nationales Recht aufnehmen sollen. Dazu gehören der Besitz und die Verbreitung von Kinderpornografie sowie das gezielte Suchen und Betrachten im Internet. Bestraft werden soll auch, wer Kinder zu sexuellen Darbietungen vor einer Webcam veranlasst oder im Web mit Kindern Kontakt sucht, um sie zu missbrauchen. Die Staaten sollen zudem alles tun, um kinderpornografische Inhalte von Servern löschen zu lassen. Laut EU-Kommission sollen Sextouristen EU-weit verfolgt werden.

Bundesregierung zurückhaltend

Deutschland reagierte zurückhaltend. „Die Bundesregierung geht ausdrücklich einen Schritt weiter, indem sie auf eine Löschung hinarbeitet, statt auf eine Sperrung“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans in Berlin. „Ich glaube, dass man mit weitergehenden Regelungen EU-Recht relativ automatisch erfüllt.“

Die schwarz-gelbe Regierung hatte auf Wunsch der FDP die Umsetzung eines Gesetzes zu Internetsperren gerade erst ausgesetzt und bereitet eine Regelung vor, die das Löschen kinderpornografischer Websites legalisieren würde. Ein Sprecher von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) betonte, Union und FDP hätten sich im Koalitionsvertrag auf den Grundsatz „löschen statt sperren“ festgelegt.

Kritik von Bürgerrechtlern und Netzaktivisten

Während die Deutsche Kinderhilfe die geplanten Sperren begrüßte, stießen sie bei Bürgerrechtlern und Netzaktivisten auf heftigen Widerstand. Versierte Nutzer könnten technische Stoppschilder ohne weiteres umgehen, kritisierte der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur) in einer Mitteilung: „Internet-Sperren sind Unfug.“ Das Bündnis von Bürgerrechtlern spricht sich für das Löschen der Dateien aus: „Löschen ist weltweit möglich.“

Kommissarin Malmström hielt dem entgegen: „Natürlich gibt es immer wieder IT-Experten, aber die meisten von uns sind es nicht. Deshalb hat die Richtlinie auch präventiven Charakter.“ Netzaktivisten fürchten, dass mit Web-Sperren einer schleichenden Internet-Zensur Tür und Tor geöffnet wird.

Zustimmung aus Europaparlament

Aus dem Europaparlament, das den Vorschlag billigen muss, kam größtenteils Zustimmung. Die CDU/CSU-Europagruppe schließe sich dem Vorschlag der EU-Kommission an, sagte der Vizechef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber. „Der Vorschlag der EU-Kommission ist ausgewogen“, sagte Weber. Die SPD-Innenexperten Birgit Sippel forderte dagegen, den Entwurf um die Löschung von Webseiten zu erweitern: „Das fehlt leider im Vorschlag.“