Schon mehrere tausend Unterschriften von Bürgern. Gabriel will Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 9. Mai zum „Stoppsignal“ machen.

Berlin. Die SPD hat eine Unterschriftenaktion gegen die auch in der Regierung umstrittene Kopfpauschale im Gesundheitswesen gestartet. Die SPD wirft der Koalition vor, das Solidarprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung zu zerstören und Millionen Bürger zu Bittstellern zu machen. FDP-Generalsekretär Christian Lindner forderte die Union auf, die Kopfpauschale nicht länger in Frage zu stellen.

SPD-Chef Sigmar Gabriel teilte in Berlin mit, bis zum Montagmittag hätten sich bereits mehrere tausend Bürger an der auch im Internet laufenden Unterschriftenaktion beteiligt. Er wandte sich dagegen, dass „der Bankmanager und die Putzfrau die gleichen Beiträge zahlen“. Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte, die Koalitionspläne gefährdeten die medizinische Versorgung der Bevölkerung, da Leistungskürzungen zu erwarten seien.Gabriel kündigte an, seine Partei wolle auch die Landtagswahlen am 9. Mai in Nordrhein-Westfalen zu einer Abstimmung über die Kopfpauschale machen. Die Wähler könnten dort „ein Stoppsignal setzen gegen die Zerstörung des Sozialstaats“ und „gegen die Zerschlagung der gesetzlichen Krankenversicherung“. Auf Veranstaltungen will die SPD zudem für ihr Modell einer Bürgerversicherung werben, die alle Bürger in ein solidarisches Versicherungssystem einbeziehen würde.

Zu den Erstunterzeichnern der Unterschriftenaktion gehörten der Vorsitzende der Gewerkschaft Ver.di, Frank Bsirske, sowie der Gesundheitsexperte und frühere Chef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler. „Wer viel verdient, soll weniger zahlen, und wer wenig verdient, wird mehr zahlen“, kritisierte Bsirske die geplante Kopfpauschale. Fiedler wies darauf hin, die Koalitionspläne bedeuteten auch, dass die Versicherten die steigenden Ausgaben im Gesundheitswesen künftig allein tragen müssten. Union und FDP wollen den bisherigen einkommensabhängigen Kassenbeitrag laut Koalitionsvertrag durch „einkommensunabhängige Arbeitnehmerbeiträge“ ersetzen. Für Geringverdiener soll es einen Sozialausgleich aus Steuermitteln geben. Das Vorhaben ist auch in der Union umstritten. Während sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Wochenende hinter die Koalitionspläne stellte, kommt vor allem aus der CSU heftige Kritik. Die Regierung hatte vergangene Woche eine Kommission eingesetzt, die Reformvorschläge erarbeiten soll.

Lindner forderte besonders CSU-Chef Horst Seehofer und den bayerischen Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) auf, den Koalitionsvertrag nicht länger in Frage zu stellen und „die öffentliche Störung einer konstruktiven Lösungssuche in der Koalition einzustellen“. Zur SPD-Unterschriftenaktion sagte Lindner, mit der Bundestagswahl habe bereits eine Volksabstimmung über die Gesundheitspolitik stattgefunden.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) verwies am Montag in der ARD auf die Beschlüsse des Leipziger CDU-Parteitages von 2003 zugunsten der Kopfpauschale. Auch er wies die Kritik der CSU an dem Vorhaben zurück. „Bevor die Kommission noch nicht einmal richtig getagt hat, kann man nicht jetzt schon sagen, das machen wir auf gar keinen Fall“, sagte er mit Blick auf Seehofer und Söder.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte im „Münchner Merkur“, CDU und CSU hätten in den Koalitionsverhandlungen die FDP-Forderung nach einer Kopfpauschale „abgeschmettert“. Einkommensunabhängige Zahlungen sollten aber für künftige Zusatzbeiträge gelten.