Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte jetzt eine unbefristete Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke.

Berlin. Der Streit um das Tempo des Atomausstiegs wird für die Union immer mehr zur Zerreißprobe. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte jetzt eine unbefristete Verlängerung der Laufzeit für Atomkraftwerke (AKW). Im Bundestag ging am Freitag der Chef der CDU/CSU-Mittelständler, Michael Fuchs, mit seiner Warnung vor einem baldigen Wechsel von Atom- auf Ökostrom erneut auf Distanz zu Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). Dieser hatte einen Ausstieg aus der Atomenergie bis 2030 ins Spiel gebracht. Dagegen stellten sich im Plenum die Fachleute der schwarz-gelben Koalition weitgehend hinter Röttgen.

Sie plädierten wie die Opposition für einen beschleunigten „Übergang ins Zeitalter der erneuerbarer Energien“, womit eine nur begrenzte Verlängerung der Atommeiler-Laufzeiten über 2022 hinaus angestrebt wird. Fuchs' Positionspapier mit einem Plädoyer für ein vorläufiges Festhalten an der Kernenergie blieb nahezu unbeachtet.

Seehofer sagte (CSU) der „Rheinischen Post“ (Samstag): „So lange ein Kernkraftwerk sicher ist, sollte es am Netz sein dürfen. Ich habe keine Lust, ein sicheres Kernkraftwerk abzuschalten, um dann den Strom aus ausländischen Meilern zu importieren.“ Gegen ein vorzeitiges Abschalten von Kernkraftwerken kündigte er Widerstand an. Die Koalition solle sich auf das Vereinbarte konzentrieren.

Zuvor hatte Fuchs in einem Positionspapier eine Abschaltung der Kernkraftwerke bis 2030 als derzeit „nicht verantwortbar“ zurückgewiesen. Wind- und Sonnenenergie seien von Wetterlagen noch zu stark abhängig und nicht speicherbar, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegenden Papier. Röttgen nahm wegen einer mehrtägigen Umweltministerdebatte auf der indonesischen Insel Bali nicht an der Debatte teil.

Union und FDP wollen am Vorrang der Einspeisung von Ökostrom ins Stromnetz festhalten. Mit dem angestrebten Ausbau der Erneuerbaren Energien müssten Atom- und Kohlestrom allmählich weichen, stellten die Umweltpolitiker Maria Flachsbarth (CDU) und Michael Kauch (FDP) fest. Laut Kauch soll die Solarenergie in Deutschland durch den Bau solarthermischer Kraftwerke in Kooperationen mit nordafrikanischen Staaten (zum Beispiel das Wüstenprojekt Desertec) enormen Zuwachs bekommen. „Die werden notwendig sein, um Solarkraft wirklich in großen Mengen in unseren Energiemix zu bringen.“

Flachsbarth sagte, mit der Opposition gebe es den „Konsens, dass die erneuerbaren Energien den Hauptanteil der Energien übernehmen sollen in einem dynamischen Energiemix, wo die konventionellen Energieträger durch die erneuerbaren ersetzt werden“. Dabei würden Versorgungs-Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit gewährleistet. Darauf stelle auch die Ökoenergie-Reform 2012 ab. Die Überarbeitung der Förderung diene der Entlastung der Verbraucher und der schnelleren Marktreife der Erneuerbaren. Für den Musterhaushalt mit einem Monatsverbrauch von 3500 Kilowattstunden bedeute die Förderung nur eine Belastung von 3,25 Euro.

Die Opposition wies die geplante Laufzeiten-Verlängerung für Kernkraftwerke zurück und forderte mehr Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Dirk Becker von der SPD beklagte die jetzigen Einschnitte in die Solarförderung, die von der Koalition als Eindämmung einer „Überförderung“ verteidigt wurde. Die Vize- Vorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, erklärte: „Die Laufzeiten- Verlängerungen werden den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv behindern.“ Das habe auch Röttgen eingeräumt.