Ein Rot-Kreuz-Bericht bringt Verteidigungsminister Guttenberg in Bedrängnis. Demnach wurde er frühzeitig über zivile Opfer informiert.

Berlin. Was hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) wann gewusst? Ein Rot-Kreuz-Bericht zu zivilen Opfern durch den umstrittenen Luftangriff in Afghanistan könnte ihn in Erklärungsnot bringen. Wie „Stern.de“ unter Berufung auf das Rote Kreuz berichtet, erhielt Guttenberg schon früher als bekannt Informationen über eine große Zahl ziviler Toter. Guttenberg habe am 6. November den streng vertraulichen Rot-Kreuz-Bericht auf den Tisch bekommen, in dem von 74 toten Zivilisten die Rede gewesen sei. Dennoch habe er das Bombardement nur Stunden später bei einer Pressekonferenz als „militärisch angemessen„ eingestuft.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) hatte in Kundus das von der Bundeswehr angeordnete Bombardement auf die zwei Tanklaster untersucht. Laut „stern.de“ komme es in seinem Bericht zu dem Schluss, dass der von einem deutschen Oberst angeordnete Luftangriff „nicht im Einklang mit dem internationalen Völkerrecht“ stehe. Dafür habe es zu viele tote Zivilisten gegeben, darunter acht-, zehn- und zwölfjährige Kinder.

Das Rote Kreuz habe es damals auch als unwahrscheinlich erachtet, dass die Taliban die beiden gestohlenen Tanklaster zu rollenden Bomben umbauen und gegen die Bundeswehr einsetzen wollten. Die Lastwagen hätten entgegen der Fahrtrichtung zum deutschen Lager in einer Sandbank festgesteckt, als sie am 4. September bombardiert wurden. Für das Bundeswehr-Camp habe keine unmittelbare Bedrohung bestanden.

Guttenberg hatte seine erste Bewertung bereits vergangene Woche korrigiert. Inzwischen bezeichnet er den Luftangriff nicht länger als militärisch angemessen. Zu dieser Einschätzung habe er allerdings nicht früher kommen können, da ihm wichtige Berichte vorenthalten worden seien, hatte sich der CSU-Politiker verteidigt.

Wie viele Menschen genau bei dem Luftangriff ums Leben kamen, ist nach wie vor unklar. Ein Untersuchungsbericht der afghanischen Regierung sprach von 30 toten Zivilisten, ein geheimer Nato-Bericht geht von bis zu 142 Toten insgesamt aus. Mit dem Fall wird sich ein Untersuchungsausschuss befassen. Außerdem prüft die Bundesanwaltschaft die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen den verantwortlichen deutschen Oberst.