Die Iren stimmten am Freitag über den EU-Reformvertrag ab. Berichten von Medien zufolge könnten diese Mal die Ja-Stimmen in der Mehrheit sein.

Dublin. Beim zweiten Referendum der Iren zum Vertrag von Lissabon zeichnet sich eine Mehrheit für die Befürworter des EU-Reformwerks ab. Irische Medien berichteten in der Nacht zum Sonnabend über eine Wählerbefragung der größten Oppositionspartei Fine Gael, wonach das „Ja“-Lager die Nase vorn hat und damit das Ergebnis aus dem vergangenen Jahr drehen konnte. Laut der Zeitung „Irish Times“ sieht die Umfrage das Ja-Lager mit 60 Prozent deutlich vor den Vertrags-Gegnern. Offizielle Zahlen liegen noch nicht vor. Mit der Auszählung soll erst am Sonnabendvormittag begonnen werden, mit dem Ergebnis wird am späten Nachmittag gerechnet.

Die Wahlbeteiligung soll nach Meldungen des TV-Senders RTE leicht über der des ersten Referendums gelegen haben. Vor knapp 16 Monaten waren 53,1 Prozent der über drei Millionen Stimmberechtigten zu den Urnen gegangen. Nach letzten Umfragen waren viele Iren bis zuletzt unentschieden, ob sie dem Vertrag von Lissabon diesmal zustimmen würden. Fiele er erneut durch, wäre die EU-Reform wohl gescheitert. Vom Ausgang des irischen Votums hängt auch ab, ob Tschechien und Polen den Vertrag ratifizieren.

Irland hatte im Juni vergangenen Jahres den Vertrag bei einem ersten Referendum abgelehnt. Im Falle eines erneuten Scheiterns hat die irische Regierung ein drittes Referendum ausgeschlossen. Damit der Vertrag in Kraft treten kann, ist aber die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten nötig. Irland musste als einziges EU-Land per Verfassung ein Referendum abhalten. Ministerpräsident Brian Cowen hatte von einer „historischen“ Entscheidung gesprochen, die über die Zukunft des kleinen Landes bestimme. Es wurde jedoch angenommen, dass viele Wähler die unbeliebte Regierung mit dem Referendum abstrafen könnten.

Als Grund für eine mögliche Zustimmung gilt auch die Wirtschaftskrise, die die Insel schwerer getroffen hat als andere Länder. Angst vor Arbeitslosigkeit oder vor der Abwanderung von Investoren beeinflussten das Votum. Die EU gilt vielen Menschen als rettender Schutzschirm.

Der Lissabon-Vertrag folgt der EU-Verfassung, die 2005 Franzosen und Niederländer in Referenden abgeschmettert hatten. Der Vertrag war mühsam ausgehandelt worden und soll die EU zu schnelleren Entscheidungen fähig machen und den nationalen Parlamenten sowie dem Europaparlament mehr Rechte geben. Tritt er nicht in Kraft, gilt weiter der Vertrag von Nizza aus dem Jahr 2001.